Volltext: Das Mühlviertel im Kriegsjahre 1809. Rohrbach, Kath

4 
ordentliche Dienste würden auch wirklich so viele tausend getreue Untertanen dem 
Staate geleistet haben, wenn sie eine längere Zeit hindurch gelernt hätten, die Waffen 
zu gebrauchen und wie Soldaten Felddienste zu tun! Nicht nur die Untertanen 
unserer Monarchie hegten so erfreuliche Hoffnungen von der neu errichteten Landwehre; 
selbst der große Kenner alles dessen, was für den Krieg taugt, der Kaiser Napoleon, 
sah es für nichts Gleichgültiges an, daß eine ansehnliche Zahl unseres Volkes anfangen 
sollte, ein Ergänzungsteil der Armee zu werden. Das Ungewitter des Krieges brach 
aber noch früher aus, als das junge Bäumchen gänzlich heranwachsen konnte."/) 
Oesterreich sah nach Bundesgenossen aus; allein mit solchen war es schlecht 
bestellt. Rußland und Preußen waren vertragsmäßig Napoleon- verpflichtet. Bayern, 
Württemberg, Baden, Hessen-Darmstadt — um nur die wichtigsten deutschen Staaten 
zu nennen — standen als „Rheinbund" noch immer unter dem Protektorate des 
korsischen Eroberers. Es war „zur Zeit der deutschen Schmach." England, welches 
sich gerade in einem mißlichen finanziellen Zustande befand, konnte nur das unsichere 
Versprechen geben, nach Möglichkeit Hilfe zu leisten, im Falle es zum Kriege kommen 
sollte. So stand denn Oesterreich allein und wagte trotzdem den großen Kampf. 
Erzherzog Ferdinand erhielt den Auftrag, im Norden zu operieren und gegen 
das Herzogtum Warschau vorzudringen. Erzherzog Johann sollte in Italien einfallen. 
Erzherzog Karl übernahm als Generalissimus die Führung der Armeen in Deutschland. 
Am 9. April, dem Tage, an welchem die Kriegserklärung erfolgte, kam der Kaiser 
selbst nach Schärding. Am Abende desselben Tages sandte Erzherzog Karl an König 
Maximilian Josef von Bayern ein Schreiben, er habe vom Kaiser Befehl, vorzurücken 
und alle Truppen, die ihm Widerstand leisten, zu bekämpfen; er wolle gerne 
glauben, daß keine deutsche Truppe der Befreiungsarmee, welche Deutschland von 
seinen Unterdrückern erlösen wolle, ein Hindernis entgegenstellen werde. An die deutsche 
Nation erließ er einen Ausruf, er kämpfe nur für die Selbsterhaltung Oesterreichs, 
für die Freiheit Deutschlands. Statt aller Antwort floh Bayerns König von München 
nach Augsburg und hinterließ seinen Truppen den Befehl, Widerstand zn leisten. 
Auf österreichischer Seite, und zwar sowohl im Heere als auch int Volke, 
herrschte die größte Begeisterung, die Herzen aller waren der schönsten Hoffnungen 
voll. Wie bald sollten bittere Enttäuschungen an deren Stelle treten! 
Am 10. April überschritten die österreichischen Korps Feldmarschall-Leutnant 
Hiller, Erzherzog Ludwig und das Reservekorps, zusammen 58.000 Mann, den Inn bei 
Braunau. Generalleutnant Hohenzollern überschritt den Fluß bei Mühlheim mit 
27.000 Mann. Das vierte Korps, 40.000 Mann, bei Schärding. Jellacie ging 
bei Wasserburg über den Inn, um schnell München zu besetzen. Unsere Armee drang 
anfangs vor. Noch am 10. April nahm Feldmarschall-Leutnant Dedovich die wichtige 
Stadt Passau ein. Dichter Nebel begünstigte die Oesterreicher, so daß sie nicht einmal 
einen Schuß zu tun brauchten. Der Feind flüchtete in die Festung Oberhaus. 
Dedovich ließ die Festung durch das vierte Landwehrbataillon des Traunkreises, durch 
vier Bataillone des Mühlviertels und eines vom Jnnkreise einschließen; auch ein Grenz 
regiment befand sich dort und eine Kompagnie vom Regimente Stuart. Allein es fehlte 
an Belagerungsgeschütz, welches erst aus Wien ankam, als es zu spät war?) 
Napoleon verließ am 14. April Paris, um sich auf den Kriegsschauplatz zu 
begeben. Vier Tage und wier Nächte jagte er durch das Land. In Donauwörth 
erließ er an seine Krieger einen Aufruf, in dem er ruhmredig sagte: „Ich komme 
0 F. Kurz, Geschichte der Landwehre in Oesterreich ob der Enns. II. Linz 1811. S. 220s. 
2 ) F. X. Pritz, Geschichte des Landes ob der Enns. II. Linz 1847. S. 568. — Kurz a.a.O, 
S. 222,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.