Volltext: Lisli

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setzten Fenster fast ganz überdecken und aus einem der 
selben kaum das Licht einer Lampe durchdringen lassen. 
Im Zimmer selbst saß vor einem Tische, auf welchem 
Folianten von Büchern lagen, ein junger Mann von 
etwa zweiunddreißig Jahren. Seine Gestalt war edel, 
seine Züge schön, doch aus seinem Auge sprach eine 
tiefe Melancholie, und sein Blick hastete gegenwärtig auf 
einem von zarter Frauenhand beschriebenen Blättchen 
Papier. Dieser junge Mann war dort seit vier Jahren 
Badearzt, tiefe wissenschaftliche Kenntnisse gründeten 
den ausgezeichneten Ruf, welchen er von allen Seiten 
genoß, doch er war bei der Damenwelt nicht eben 
sehr beliebt, denn er war stille und verschlossen, liebte 
nur die Einsamkeit und war nur dort zu finden, wo 
seine ärztliche Hülfe nöthig war. Wie man sich auch 
Mühe gab, das Geheimnißvolle seines Lebens zu ent- 
räthseln — Alles war vergebens, und als man sich 
getäuscht sah, etwas Näheres zu ergründen, ließ man 
ihn endlich ruhig seinen Weg wandeln und begnügte 
sich damit, ihn einen „Schwärmer" zu nennen. 
Eines Theiles verdiente Eduard W..., so hieß 
er, auch diesen Beinamen, denn waren seine ärztlichen 
Besuche vorüber, kettete ihn Nichts mehr an seine 
Pflicht, dann wanderte er hinaus, entfloh dem ge 
räuschvollen Leben und suchte sich ein einsames Plätzchen 
auf einem der nahen Berge, von wo er die schönste 
Fernsicht genoß. Dort war Eduard glücklich! Unge 
stört lauschte er der Sprache der Natur, und manch 
mal, wenn sein Auge hinausschwcifte in die unendliche 
Ferne, mußte wohl ein schönes Bild in seiner Seele 
emportauchen, denn ein heiteres Lächeln spielte dann 
um seine Lippen und gleich als wollte er nach dem 
Bilde haschen, streckte er seine Hände darnach aus;
	        
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