Volltext: Österreichische Kriegsgeschichten 1914/15

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grabens aus>zurasten, für einige wenige Tage in Ruhe¬ 
stellung — benachbart unseren strammen deutschen Waffen¬ 
brüdern, mit denen wir übrigens auch im Schützengraben 
Schulter -an Schulter treue Wacht für unser geliebtes Vater¬ 
land halten. Der Feldgottesdienst ist von den Deutschen 
angesagt und wir nehmen gern deren Einladung an. 
An dem halbgeöffneten Tore einer zum Teil zer¬ 
schossenen, zum Teil demolierten S che u n e ist der 
Altar, kaum zwei Kilometer hinter der Front, aufgebaut; 
ein einfacher Holz tisch, mit einem Kästchen darauf. Ueber 
den ersten wird ein rotes, goldgesticktes Feldaltartuch 
gelegt, lauf der Schemelseite des Kästchens steht erhöht ein 
Kruzifix, von zw« Leuchtern mit flackernden Kerzen 
flankiert. Ein Meßbuch ruht auf dem mitgeführten Me߬ 
buchpult. — Der deutsche FeldPredig e r erscheint in 
der feldgrauen Offiziersuniform spornklirrend. Wie erzählt 
wird, ist er gerade vom nächtlichen Dienste — er war 
nachts zur Front geritten — zurückgekehrt. Er ist von 
seinem Ministranten, einem eleganten deutschen Ar¬ 
tillerieoberleutnant, begleitet, welcher ihm beim 
Anlegen des priesterlichen Gewandes behilflich ist. Welchen 
Kontrast empfindet man da im eigenen Gemüte! Vor kaum 
einer Minute sah man im Feldprediger noch den Offizier, 
noch gucken naseweis unter dem priesterlichen Gewände die 
Sporen hervor und dennoch steht man im Banne des 
P r i«st e r s. Ich bin überzeugt, daß in diesem Augen¬ 
blick kein weltlicher Gedanke das Gehirn der 
anwesenden bärtigen Krieger kreuzt. Die heilige Messe be¬ 
ginnt. Aus rauhen Männerkehlen klingt das Lied: „Hier 
liegt vor deiner Majestät . . ." 
Nach dem ersten Evangelium ist Predigt. Selbst ein 
Sanktusglöckchen — eine Messingtischglocke mit 
schwarzem Stiel — ist zur Hand. Bei ihrem Tone schlägt 
jeder, trotz des Straßenkotes kniend, an seine Brust, und 
in tiefer Ergriffenheit gedenken alle ihrer Lieben in der 
fernen Heimat, ihrer Kameraden, von denen auch manche 
heute in kühler Erde liegen, gestorben den Heldentod für 
das Vaterland, vielleicht in feindlicher Erde begraben, ver¬ 
lassen, aber nicht vergessen. Die Andacht während der 
Wandlung ist «ne von mir früher nie beobachtete. Man sieht
	        
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