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Die Ahnl Regina.
weiblicher Eitelkeit nicht freisprechen können, — zum Glücke
für die Beschwichtigung ihrer besseren Hoffnungen — noch
zur Stunde nicht völlig klar; noch erkannte sie nicht, wie auf
solche Art zwei neben- und ineinander laufende Lebensbahnen
nothwendiger Weise gestört werden mußten; sie war sich dessen
noch nicht bewußt, daß sie auf der Stufenleiter der mensch¬
lichen Jahre sich versündigte und an das Leben noch immer
solche Forderungen stellte, die nur der berechtigten Jugend
und einem blühenderen Alter gewährt sind. Wohl aber dachte
sie jetzt daran und befürchtete es, daß eine Natur, wie die
ihres Mannes, keiner Entsagung fähig sei.
Ihre körperliche Neigung für Thomas und die daraus
entspringende Eifersucht ließ sie deßhalb zu keiner Ruhe ge¬
langen, und wir dürften uns nicht wundern, wenn sie neben
ihren edleren psychischen Bestrebungen zugleich auch darauf
bedacht wäre, sich irgend welche kosmetische Mittel zu ver¬
schaffen , mit deren Hilfe cs gelänge, ihr äußeres Aussehen
wieder jugendlicher zu gestalten.
Eitles Sinnen und Mühen, die Natur zwingen zu
wollen, einen Schritt zurück zu thun, oder sie in ihren
Schritten aufzuhalten!
So wenig wir aber glauben, daß sie in ihrer stillen Ver¬
zweiflung eines dieser Mittel, die sie nicht, wie die Leute in
der Stadt, ans den täglichen Zeitungsankündigungen, son¬
dern nur vom Hörensagen kennt, und die sie höchstens von einem
herumwanderndcn Hansirer heimlich bckonlmcn könnte, öfter
als dreimal gebraucht, oder sich etwa gar die Haare färbt;
so gerne würden wir es ihr, wenn gleich nur eine Bäuerin