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Die Ahnl Regina.
Er kam spät heim. Regina war noch immer wach; sie
rührte sich aber nicht, sondern that, als ob sic fest schliefe, da
sie es bei seinem Zustande, den sie wohl erkannte, nicht für
räthlich hielt, in so spater Stunde einen Auftritt zu erneuern,
der den Stand der Dinge wahrscheinlich nur verschlimmert
haben würde.
Am anderen Morgen aber, nachdem sic mit Thomas die
Suppe des Frühstücks zu sich genommen, wollte sie nicht
länger säumen, den Weg der Versöhnung einzuschlagen und
Alles aufzubieten, um ihrem verschlossenen Btanne gütlich
beizukommcn. Sie versuchte Allerlei; aber Thomas blieb
wortkarg und beinahe schweigsam. Endlich fragte sie, — und
stellte sich höchst unbefangen: »Bist Du gestern zu Hofkirchen
gewesen? Hast Du Dich unterhalten?«
»Eine saubere Unterhaltung!« sagte er verdrossen. »Ich
habe schöne Dinge anhören müssen.«
Die lebcnserfahrcne Regina versetzte: »Ich kann mir
schon denken, was dieWirthshausbrüderln, die guten Freunde
Alles zusammenreden. Du bist aber zu gescheidt, als daß Du
Dir so etwas zu Herzen nähmest, und iver kann uns denn
etwas anhaben und unser Glück stören, wenn wir Zwei zu¬
sammenhalten? Darum meine ich, lieber Mann, daß wir
gegen einander recht offenherzig sein sollen.«
Der warme Ton ihrer Rede milderte zwar seine Rauh¬
heit ; aber er fühlte zu tief, daß die Schuld an dem zerrütte¬
ten häuslichen Glücke nur auf seiner Seite sei, und sein Sinn
war viel zu wenig edel, als daß er sich seines angeborenen