Volltext: Deutsch-österreichische Feldpost Nr. 1-22 (1-22 / 1914 / 1915)

Wie es jetzt in den Rekrutensiuöen aussieht. 
Ein Unteroffizier der Reserve in Oldenburg 
schreibt an einen Bekannten: 
„Bei unseren Rekruten kann man manchmal sehr 
interessante Dinge erleben. Da haben wir z. V. die 
Stube 89 belegt mit 12 Gemeinen, wovon sind ein 
Oberlehrer, Dr. M., und 3 Oberprimaner vom Gym¬ 
nasium in O., 2 Maurer, 1 Arbeiter und Landwirte. 
Am Sonntag war ich zufällig auf dieser Stube. Der 
Oberlehrer war als Oberhaupt mit einem nassen 
Lappen am Aufwischen, der eine Oberprimaner am 
Schrubben und die anderen am Wassertragen, Staub¬ 
wischen und was sonst zum Revierreinigen am 
« Sonnabend gehört. Auch Du (der Adressat ist Ober¬ 
lehrer) hättest sicherlich nicht den Oberlehrer heraus¬ 
gefunden. Aber alles geht mit lachender Miene, 
j| jeder ist sich bewußt, es ist feine Pflicht. — Am Frei¬ 
tag voriger Woche gab ich meine Stiefel zum Putzen 
einem Rekruten. Als er dann die Stiefel zurück¬ 
brachte, fragte ich beiläufig, was er im Zivil wäre. 
Zur Antwort bekam ich: „Referendar." Solche Dinge 
kommen alle Tage vor." 
* 
Aus die Russen „xinjearbeitet". Ein Werkmeister 
einer Berliner Fabrik ist vor einiger Zeit verwundet 
von der Ostarmee heimgekehrt. Jetzt ist er ziemlich 
geheilt, und wenn auch ein wenig das Bein schlep¬ 
pend, kommt er dieser Tage zu seinem Fabrikherrn, 
um nicht nur seinen Prinzipal und die Stätte seiner 
Wirksamkeit zu grüßen, sondern sich auch gleich¬ 
zeitig von neuem zu verabschieden. „Nächste Woche 
hoffe ick fertig zu sein mit meinem Bein. Dann 
jehts gleich wieder weg!" „So, so, mein lieber N.", 
meinte der Fabrikherr. „Na, dann werden Sie viel¬ 
leicht diesmal zur Westarmee kommen, nach Frank¬ 
reich!" „Nee, nee", sagt der Verwundete, „sowas 
jibts nich! Ick will wieder zur Ostarmee. Auf die 
Russen bin ick schon einjearbeitet. Ick laß mir wieder 
an die russ'sche Jrenze schicken!" 
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