Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1902 (1902)

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Gutter-Verkaufsgeno stensch asten. 
Der Kampf um das Dasein hat sich in alle Betriebszweige des 
Handels und Gewerbes eingedrängt, und auch die Landwirtschaft blieb 
keineswegs davon verschont, sondern die verschiedensten Verhältnisse wirken 
auf dieselbe niederdrückend ein, und kaum ist die Möglichkeit vorhanden, 
daß der Klein- und Mittelbauernstand den zerstörenden Einflüssen standhalten 
kann, wenn nicht bald Hilfe für denselben wird. 
Handel- und Gewerbetreibende schlossen sich schon seit vielen Jahren 
zur besseren Ausnützung ihrer Interessen zusammen, und was der einzelne 
nicht imstande war zu leisten, das brachte die Vereinigung, die Genossen 
schaft, die Actiengesellschaft und wie die Vereinigungen sonst noch benannt 
sein mögen, zusammen. Waren sie auch bemüht, die Beihilfe des Staates 
in Anspruch zu nehmen, so war doch ihr erstes Losungswort: „Selbst 
hilfe". 
Für die Landwirtschaft, und gerade für den Mittel- und Kleinbauern, 
ist eine Vereinigung zur besseren Erzeugung und zu günstigerem Verkaufe 
seiner Producte erst recht nothwendig, wenn er allen Anforderungen, die 
allseits an ihn gestellt werden, noch weiter gerecht werden und nicht zu 
grunde gehen soll. Sorgt auch der Staat für Schutzzölle der landwirt 
schaftlichen Producte, so muß der Landwirt in der Lage sein, diese auch 
ausnützen zu können. Dies wird geschehen, wenn er sich den wirtschaft 
lichen Verbesserungen gegenüber nicht ablehnend verhält, in den Concurrenz- 
kampf mit aller Macht eintritt, damit auch seinen Erzeugnissen jene Preise 
zuerkannt werden, die ihm sein Fortkommen auf dem heimatlichen Gute er 
möglichen. Leider ist es sehr schwer, den Landwirt rasch zu einer veränderten 
Wirtschaftsführung zu bewegen; er hängt noch zusehr an den von den 
Eltern und Großeltern überlieferten Verhältnissen und kann und will es 
nicht fassen, daß andere Verhältnisse gekommen sind, die auch ihn zu einer 
Betriebsveränderung zwingen. So finden wir ja im landwirtschaftlichen 
Betriebe, daß seit mehreren Jahrzehnten ein Umschwung in der Viehhaltung 
eingetreten, nachdem der Getreidebau infolge der verschiedensten Einwirkungen 
sich nicht mehr als erträglich erwies und der Ausfall hiedurch sich durch 
die Thierprodnction decken mußte. Sofern nun auch die thierischen Pro 
ducte, wie Fleisch, Milch, Butter, Käse, immer größeren Absatz finden und 
auch höhere Preise erzielen, so ist der Erzeuger dieser Producte, der Land 
wirt, doch nicht in der Lage, sich über die höheren Preise, welche der 
Consument bezahlen muß und sich darüber beklagt, freuen zu können. 
Ist es dem in der Nähe von größeren Orten hausenden Landwirt 
möglich, seine Milch ohne Umarbeitung günstig abzusetzen, die erzeugte 
Butter um einen besseren Preis verwerten zu können, so hat der von den 
Verkehrswegen abseits liegende Landwirt immer auf die Gnade des 
„Zwischenhändlers" sich zu verlassen und muß froh sein, wenn er über 
haupt noch einen Erlös für seine Erzeugnisse erhält. Da heutzutage in 
sehr vielen landwirtschaftlichen Betrieben die Viehzucht mit ihren Erzeug 
nissen die Haupteinnahmsquelle bildet, so muß auch getrachtet werden, diese 
Producte entsprechend verwerten zu können.
	        
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