Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1915 (1915)

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Gesundheit der Luft, das unentbehrliche Dasein des Regens, die Frucht 
barkeit des Bodens und die belebende Kraft des Feuers stehen mit der 
Erhaltung der Menschen in der innigsten Wechselwirkung. Mit dieser Er 
kenntnis stehen wir vor einem der unentbehrlichsten Geschenke der Natur, 
welches in seiner Bedeutung erst in neuerer Zeit und erst nach betrüben 
den Erfahrungen erkannt und gewürdigt worden ist. Gerade die in ent 
waldeten Landstrichen zu Tage getretenen Nachteile haben den Wert des 
Waldes erwiesen. Das Fehlen seiner Produkte an Holz und an Neben 
nutzungen (wie Weide, Rinden, Früchte, Laub, Gras, Streu, Moose usw.) 
haben dem Unerfahrensten die Augen geöffnet, die großen Zusammenhänge 
mit den Mächten der Luft und des Klimas aber sind von der Wissen 
schaft schon längst erkannt worden. 
Als sich vor Jahrtausenden die Erde allmählich besiedelte, war der 
Wald den niedrigsten Kulturstufen des Menschen ein Kulturhindernis. Seine 
Zerstörung, um Ackerland und Weide zu gewinnen, war Vorbedingung 
fester Niederlassungen, des Ackerbaues selbst, sozialer und wirtschaftlicher 
Gestaltungen. Diese durch die Hand des Menschen bewirkten Veränderun 
gen in der Vegetation der Erdoberfläche gehen dann in der Geschichte aller 
Völker neben den allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklungen einher und 
sind von tief eingreifender Bedeutung für die Geschicke der Staaten und 
Völker. Denn nur bis zu einer gewissen Grenze ist die Waldzerstörung 
vernünftig und wirtschaftlich; darüber hinaus wird sie gemeinschädlich. 
Die Bewaldung eines Landes hat nicht nur privatwirtschaftliche 
Bedeutung durch Materialgewinnung, sondern es ist die Kulturfähigkeit 
der Länder im allgemeinen von einer angemessenen Bewaldung abhängig. 
Unverständige Entwaldung der Berge führt zu Abschwemmungen des frucht 
baren Erdreiches von Höhen und Gehängen durch Regengüsse, zu Abrut 
schungen, welche die Talgelände mit Gerölle, Kies und Sand überdecken, 
zu stark wechselndem Wasserabflüsse von den Höhen, so daß heftige Über 
flutungen der Täler mit gänzlicher Trockenheit wechseln; Quellenreichtum 
und Bodenfrische werden herabgemindert. 
In den Flachländern ist dauernde Bedeckung mit wurzelstarken 
Baumgewächsen imstande, das Uberwehen ackerbarer Grundstücke mit Sand 
zu verhindern. Waldungen bedingen schließlich in hohem Grade die land 
wirtschaftliche Schönheit einer Gegend und stehen in einer tiefen und 
innigen Beziehung zu dem geistigen und gemütlichen Leben eines Volkes. 
Viele Länder stehen unter dem traurigen Eindrücke der Folgen der 
Entwaldung, so z. B. das südliche Frankreich, Spanien, Griechenland, das 
Küstengebiet von Triest, manche Gegenden in Deutschland wie Wester 
wald, Flachland von Hannover, Schleswig-Holstein, die pommerische Platte, 
Westpreußen, Teile des Niederrheins. Die Volkswirtschaftslehre bringt 
die zurückgehende Bevölkerungszahl Frankreichs neben anderen Begleitum 
ständen auch mit der Vernichtung des Waldes in Zusammenhang. In 
Österreich hat das Reichsforstgesetz die waldwirtschaftlichen Verhältnisse ge 
regelt. Leider begegnet die wohlmeinende Absicht des Staates mancherlei 
Widerstand, der meist in der Kurzsichtigkeit des einzelnen seinen Ursprung 
hat. Sei es nun, daß der Betreffende die bestockte Fläche abgeholzt hat
	        
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