Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1892 (1892)

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Wo die Eltern gezwungen sind, ihren Töchtern das Kochen an 
einem Orte, — meist in der Küche eines besseren Gasthofes oder Hotels, 
wo die Lehrfräuleins zwar in der Zubereitung von pikanten aber wenig 
nahrhaften Gasthausspeisen eingeweiht werden, aber von der im Familien 
leben gewünschten Zubereitung einer gesunden, kräftigen, wohlschmeckenden 
und dennoch billigen Hausmannskost und der hiezu erforderlichen Menge 
von Rohstoffen, — Lebensmitteln — keine Kenntnisse erhalten, — das 
Weißnähen an einem zweiten Orte, das Kleidermachen an einem 
dritten Orte lernen, die Verköstigung und Wohnung an einem 
vierten Orte nehmen zu lassen, ohne alle Aufsicht den für die Jugend 
gefährlichen Verlockungen des Städtelebens preisgegeben, vereinigen die 
Haushaltungsschulen alle diese häuslichen Unterrichtszweige viel mehr und 
viel billiger, indem die Unterweisung in allen Fächern der Haushaltnngs- 
kunde eine gründlichere ist und auf die religiös-sittliche Erziehung und 
Ausbildung der künftigen Hausfrau gebürende Rücksicht genommen wird. 
Folgt auf eine solche berufliche Vorbildung der Töchter der Eintritt 
ins praktische Leben, dann wird sich die junge Hausfrau in ihrem Elemente 
fühlen und zur gedeihlichen Fortentwicklung des Hauswesens, zur Zufrieden 
heit und Wohlfahrt des Gatten und der Familie und aller Hausangehörigen 
wirken und das eheliche Glück dauernd gründen; denn in der nützlichen 
Thätigkeit des Hauses liegt das wahre Glück der Frauen. 
In Berücksichtigung vorerwähnter Thatsachen, welche den größten 
Einfluß auf das häusliche Glück ausüben, hat die Familie Baumgartner, 
die sich durch die thätige Theilnahme an den häuslichen Arbeiten und der 
Leitung des großen Haushaltes (60 Personen") an der steiermärkischen 
Landes-Ackerbauschule und des landschaftlichen Gutes Grottenhof, sowie 
durch die Absolvirung der berühmten Haushaltungsschule der Frau Wyder- 
Jneichen zu Luzern in der Schweiz alle jene theoretischen Kenntnisse und 
praktischen Fähigkeiten erworben hat, die zum Unterrichte in der Hans 
haltungsschule und Kochkunst erforderlich sind, eine Haushaltungsschule für 
die Töchter der mittleren Stände auf dem Gute Hochwall zu Haag in 
Niederösterreich, Station Haag der k. k. westlichen Staatsbahn — Linie 
Wien—Linz — Salzburg — errichtet. 
Haag in Niederösterreich ist Bahn-, Post- und Telegraphen-Station 
und nicht zu verwechseln mit der nächstgelegenen Haltestelle Markt Haag 
in Niederösterreich. 
Der Aufenthalt in gesunder, an Naturschönheiten reicher Gegend, ent 
fernt von dem lärmenden, aufregenden Getriebe der Städte, eifert die Lehr- 
sräuleins zur nützlichen Thätigkeit, Aufmerksamkeit und Lernbegierde an und 
stärkt deren Gesundheit. Der angenehme Wechsel von Arbeit, Bewegung 
und Ruhe, die Geist und Gemüth erfrischende Ausheiterung und Zerstreuung, 
wie dies das traute, schöne Familienleben in der Haushaltuugsschule der 
Familie Baumgartner mit sich bringt, befördert die geistige Frische, den 
Frohsinn und die Lebenskraft der Töchterschülerinnen. 
Diese den Zeitbedürfnissen entsprechende Anstalt, deren Errichtung und 
Programm von der hohen k. k. Statthalterei bewilligt wurde, wurde im 
September 1891 eröffnet.
	        
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