Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1892 (1892)

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Erzählungen. 
Der Grubenbauer. 
Eine Geschichte aus der Steiermark 
von War Aumpker. 
Es war gerade zu Allerheiligen im Jahre 1864, da wehte in den 
steirischen Bergen der Schnee vom Sturmwind getrieben einher, als ob 
der heilige Christabend schon vor der Thür stünde. Alle Anzeichen wiesen 
auf einen harten, unerbittlichen Winter hin. 
Weiß eingekleidet war bereits der Semmering; mit unerbittlicher Ge 
walt hatte Altmeister Winter die noch grünen Fluren und Auen für sich 
in Besitz genommen. Fortgeflogen, weit über die Adria, waren längst alle 
lustigen und auch melancholischen Singvögel, nur der Rabe krächzte und 
der Sperling zwitscherte dem Bauer zu, als ob er sagen wollte: „Bauer, 
vergiß aufs Böglein nicht im Winter und hab' Erbarmen. Wenn's wieder 
Frühling wird, dann will ich dir's vergelten und das schädliche Gewürm 
recht aufsäubern aus dem Felde." 
In den Scheunen gieng's munter her; Mägde und Knechte klopften 
mit dem Dreschflegel wacker das Körnlein ans dem Stroh und es war eine 
Freud' zu dreschen in diesem Jahr, denn Gottes Segen hatte reichliche 
Früchte gebracht. 
Ungefähr eine Stunde von Mürzzuschlag gegen Krieglach zu stand 
ganz allein im Gebirge, von dichtem Wald umgeben, ein altes, doch gut 
erhaltenes Bauernhaus. Man zählte die Besitzer auf weit über einhundert- 
undfünfzig Jahre zurück und wohl keinen Menschen gab's in der Ober 
steiermark, der vom Grubenhof nichts gehört hätte. 
Hatt' auch immer ein großes Ansehen der jeweilige Grubenbauer, 
weil die Rechtlichkeit und Biederkeit im „Grnbenhofe" wohnte. Und das ist 
immer so. Rechtlichkeit erhebt den Menschen zur wahren Würde und bringt 
ihm Ehre. Wenn auch nicht von den Menschen, die gar oft das Laster 
schätzen, so doch vor unserm lieben Herrn und Gott, und das ist mehr wert 
als menschliche Auszeichnungen! 
Der Segen bleibt nicht aus, wenn's ehrlich zugeht, wenn der Bauer 
bei der Arbeit dazuschaut, vorwärtsschreitet und was die Hauptfach' ist — 
auf Gott vertraut. 
Im Grubenhof war's immer so gewesen, drum gieng's recht gut dort. 
Nur seit der junge Grubenbauer das Heft in Händen hatte, war's etwas 
anders geworden. 
Hans Krenninger, der junge Bauer, war ein sogenannter „Rescher", 
stolz und hochfahrend in seinem Wesen und ob seiner schmucken Gestalt sehr 
eingebildet. War auch nicht beliebt im Dorfe unten bei den Burschen und 
selbst die Bauerntöchter wichen scheu ihm aus. Nichts Gemüthliches hatte er 
in seinem Wesen, deshalb mochte man ihn nicht. Hans war des alten 
Grubenbauers einziger Sohn. Verzärtelt, verwöhnt von seiner Mutter, hatte 
auch der Batet in allem nachgegeben und so wuchs ein ganz anderer Hans
	        
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