Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1892 (1892)

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Das Stoppelstürzen, Gründüngung und Stoppelfrucht. 
In dem Gebote: „Du sollst den Pflug an den Erntewagen binden!" 
liegt ein großes Stück alter Bauernweisheit, welche leider nicht immer recht 
verstanden und viel weniger noch beachtet wird. Was ursprünglich vielleicht 
nur daran mahnen sollte, „keine Zeit zu verlieren" und mit dem Pflügen 
des Feldes zu beginnen, sobald die letzte Garbe auf den Erntewagen ge 
laden war, hat für die Gegenwert noch eine viel weitere Bedeutung er 
halten, und zwar durch die naturwissenschaftliche Erkenntnis von dem Ein 
fluß des Sauerstoffs und der Kohlensäure der Luft, sowie des Wassers und 
der Wärme, als der eigentlichen Ursachen der Verwitterung der Mineral 
bestandtheile unseres Ackerbodens, welche, wenn die todten Schätze des 
Bodens lebendig werden sollen, mit allen Mitteln der wirtschaftlichen Technik 
befördert werden muß. Jeder versäumte Tag ist ein Verlust und dieser 
doppelt groß, wenn durch die Versäumnis der Boden von Tag zu Tag 
härter geworden ist und das spätere Wenden hierauf doppelte Zeit und 
Kraft in Anspruch nimmt. 
Die bessere Erkenntnis von dem Einflüsse der atmosphärischen Kräfte 
auf die Fruchtbarkeit der Felder hat zu der modernen Hackcultur selbst des 
Getreides und diese zu früher kaum geahnten wirtschaftlichen Erfolgen 
geführt. 
Aber noch ein anderes tritt mit in den Vordergrund: die Vertilgung 
des Unkrauts, in erster Reihe der Samenunkräuter, des Hederichs und des 
Ackersenfs, deren Samen, wenn das Land flach gestürzt ist, zum raschen 
Keimen gelangen und bei der folgenden Ackerarbeit leicht zerstört werden. 
Die weitleuchtend gelben Sommerungsfelder dieses Jahres haben den Be 
stellungsfehler, daß sie das tiefe Vergraben der Unkrautsämereien beim ersten 
Pflügen recht deutlich zutage treten lassen. 
Der rasche Umbruch der Stoppel ermöglicht aber auch noch eine 
Culturmethode, deren große Bedeutung lange vernachlässigt und erst in 
neuester Zeit wieder zur Geltung gekommen ist: die Gründüngung nämlich, 
mit deren Anwendung und mit Zuhilfenahme einiger Mineraldünger: des 
Kaimt, Thomasschlacke u. s. w. die Bodenerträge steigert. Entgegengesetzt 
frühere Anschauungen, daß nur die Lupine zur Gründüngung sich eigne, 
haben neuere Erfahrungen gelehrt, daß auch die Wicke, Raps, Rübsen und 
anderen Pflanzen mit kurzer Vegetationsdauer dafür mit Erfolg benützt 
werden können. 
Zu rascher Pflugarbeit, wozu sich die neueren Drei- und Vierschaar 
pflüge ja so vortrefflich eignen, wird in diesem Jahre aber an vielen Orten 
auch noch die Aufgabe drängen, Ersatz für das viele, durch die lange 
Regenperiode vernichtete oder mindestens stark entwertete Heu zu schaffen. 
Im milderen Klima wird mit Erfolg Futtermais, Senf, Wasserrüben 
und bei kleinen Wirten, welche ihre eigene und ihrer Familie Arbeitskraft 
einsetzen können, sogar auch Runkelrüben, welche den Winterbedarf für ihre 
Kuh liefern, als Stoppelfrucht gebaut. 
Aber gleichviel ist, welche Methode des Stoppelfruchtbaues in An 
wendung kommen mag, wenn sie nur den Zweck, zwei Ernten in einem 
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