Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1880 (1880)

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Formen des Geflügels zurückführen, aus welchen eben die zielbewußte, sorgsame 
Pflege jene Exemplare hervorzuzaubern wußte, die nun mit Recht Bewunderung 
in ihrer Vollendung erregen. 
Allein nicht blos in der Jugend, auch fernerhin wollen die Thiere 
ordentlich ernährt sein, denn nur so können sie den gehegten Erwartungen 
genügen. Leider müssen dermalen die einzelnen Geflügelarten häufig eine 
wahre Hungerkur durchmachen, wenn ungünstige Verhältnisse der Suche nach 
Nahrung hindernd in den Weg treten, und z. B. den Hühnern die Paar 
Körner Hintergetreide verweigert werden, um des Abends gesättigt die 
Stallungen aufzusuchen. Die Natur, gehemmt in ihrer fortschreitenden Ent 
wicklung, beschränkt sich auf das Nothwendigste, die Lebenserhaltung, 
die Thiere bleiben zurück in der Entwicklung und liefern endlich ebenso elende 
Nachkommen, wie sie selbst, denn „der Apfel fällt nicht weit vom Stamme" 
ist ein altes, wahres Sprichwort. Würde dieser wichtigsten Frage mehr 
Aufmerksamkeit zu Theil, würde das Geflügel reichlich und richtig ernährt, 
dann könnten wir binnen Kurzem in unserem Vaterlande eben so treffliche 
Thiere erzeugen, wie einzelne Länder bisher dies bewiesen; aus den gewöhnlichen 
Hausthieren entstünden mit der Zeit preiswürdige Schläge, die durch ihr 
Gewicht, Frühreife oder Mästungsfähigkeit den besten bisher bekannten würdig 
mit Erfolg entgegentreten könnten. Sowohl in dem gewöhnlichen Landhuhn, 
als auch der Ente oder Gans ist der Stoff vorhanden, mit der Zeit etwas 
ganz Vorzügliches herzustellen. 
Allein nicht blos die Ernährung, auch die vernünftige Züchtung hat 
in dieser Frage ein gewichtiges Wort mitzusprechen, und in diesem Punkte 
gibt es noch Vieles zu ändern oder zu verbessern. 
Wer kräftige Nachkommen erzielen will, sei es in jedem Gebiete der 
Thierzucht, wählt mit Vorbedacht die Zuchtthiere; jeder überlegt vorsichtig, ob 
dieser Hengst oder jener Stier für seine Thiere passe, um die gewünschten 
Jungen hievon zu erhalten, denn nichts rächt sich mehr, als wenn hiebei 
planlos vorgegangen wird; jahrelange Mühe kostet es, um einen solchen began 
genen Fehler wieder gut zu machen. 
Beim Geflügel kümmert sich Niemand darum, ob der Hahn zuchtfähig, 
ob er den Anforderungen genügt, wenn nur überhaupt ein Hahn vorhanden 
ist, der inmitten der oft zu alten Hennen stolz am Misthaufen kräht. Niemand 
nimmt sich die Mühe, die Züchtungsregeln hier in Anwendung zu bringen, 
welche theures Lehrgeld oft erforderten, um zur Geltung zu kommen. Wer 
ordentliche Hühner im Hofe haben will, muß darauf schauen, keine allzu 
alten Hennen zu halten, denn sobald die Henne über 3 Jahre alt ist, läßt 
sie mit dem Eierlegen nach, ihr Eierstock, der nur eine beschränkte Anzahl 
von Eichen enthält, ist erschöpft, und sie ist wirklich dann ein unnützer 
Fresser. Zweijährige Hennen bis zum vollendeten 3. Jahre sind die vortheil- 
haftesten Nutzthiere. Der Hahn soll groß, kräftig und feurig sein, einen 
wohlgebildeten, fleischigen Körper besitzen und von einer guten Legerin ab 
stammen, um diese angestrebten Eigenschaften leicht auf die Nachkommen 
vererben zu können. Nur gute Legerinnen, welche eine entsprechende, vollendete 
Körpergestalt besitzen, sind zur Nachzucht zu verwenden. Alle jene, die schlecht 
oder wenig legen, im Körpergewicht oder Ansehen zurückbleiben, finden am
	        
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