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Sollte sich dieser Uebelstand künftig wiederholen, so wären diese so sehr
angerühmten Neuheiten zum allgemeinen Anbau nicht geeignet.
Hingegen sind einige ältere, großfrüchtige, sehr bewährte Sorten zur
Massen-Kultur zu empfehlen, wie Abraham Lincoln, Margue'rite, nonsucli
und die etwas später reifende Mammuth. Letztere ist besonders ausdauernd,
und die kräftigen Fruchtstengel tragen die großen zahlreichen Früchte ziemlich
aufrecht.
Die vor einigen Jahren in den Handel gebrachte immertragende oder
Remontant, Ananas-Sorte, hat sich nicht bewährt.
Kremsmünster, im Juli 1874.
Josef Runkel.
Zum 6amenwechsec.
Mehr denn je ist heute der Landwirth gezwungen, seine Wirthschaft so
einzurichten, daß ihm beim Schluß des Rechnungsjahres ein Reinerträgniß
verbleibt. Es müssen daher alle maßgebenden Faktoren aufs höchste benützt
werden, um dieses Ziel zu erreichen.
Einer dieser Faktoren, welcher erheblich dazu beitragen kann, das Rein
erträgniß zu erhöhen, ist „der Samenwechsel".
Leider wird dieser Gegenstand von einer großen Zahl von Landwirthen
nicht gehörig gewürdigt, und andererseits hört man wieder von solchen Land
wirthen, welche sich mit Mühe und Geldkosten fremden Samen zum Wechseln
anschafften, über Mißerfolge oder nicht genügende Erfolge klagen. Sehr häufig
wird dann dem Samen schuld gegeben, welcher doch wohl nur in Ausnahme
fällen die Ursache zu Mißerfolgen geben wird; in der Mehrzahl der Fälle
ist der Landwirth immer selbst der schuldtragende Theil.
Woher kommt das? Es kommt daher, daß viele derjenigen Landwirthe,
welche Samen wechseln, gar nicht darauf Rücksicht nehmen, ob der Samen,
welcher angekauft wird, auch wirklich für die Verhältnisse passend ist, in
welche derselbe versetzt werden soll.
Jede Getreideart, die längere Zeit auf einem und demselben Boden zur
Samenzucht kultivirt wird, gewöhnt sich an die Verhältnisse, unter welchen
sie gezogen, resp. veredelt wurde. Daß ein derartiger Getreidebau nur bei
der denkbar besten Kultur der zur Aufnahme des Samens bestimmten Aecker
bestehen und das Beste hervorbringen kann, ist selbstverständlich. Außerdem
hat auch die liebe Mutter Natur einzelne Gegenden mit solchen Vorzügen
bedacht, welche viel mehr werth sind und viel bessere Resultate erzielen lassen,
als die sorgfältigste Kultur zu liefern vermag.
Lassen wir uns nun aus einer solchen gesegneten Gegend einen ver
edelten Samen senden und versetzen wir denselben in eine Gegend, wo der
Landwirth im Schweiße seines Angesichtes mit der „lieben Mutter Natur"
ringen muß, um seinem Acker eine dürftige Ernte zu entreißen, so wird der
Mißerfolg sicher nicht ausbleiben, das Ernte-Ergebniß wird schlechter sein,
als wenn einheimischer Samen gebaut worden wäre.