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beschwerde. Während der Puls in der Minute auf 60—80 Schläge, je
nach der Heftigkeit des Leidens, steht, erreicht der Athem oft 40 und mehr
Züge in der Minute. Die Thiere sind sehr matt, abgeschlagen, bei großer
Athemnoth auch aufgeregt, unruhig. Sind sie ruhig, so stehen sie mit aus
gestreckten Vorderfüßen — zimmerstockähnlich — da. Die Kranken zeigen
Hustenreiz, husten jedoch selten, und wenn, so geschieht es in kurzen trockenen
Stößen, mit sichtlich großer Schmerzüußerung. Bei dieser Krankheit kann
der Landwirth selbst nur in den leichteren Graden ersprießlich wirken, da hier
ein ausgiebiger Aderlaß das beste Heilmittel ist; was er hier thun kann, ist
einfach das, was schon beim Bronchialkatarrh' (sogenannte Herzkehle) ange
geben wurde. Gut wäre es, wenn sich jeder Landwirth mit der einfachen und
so nützlichen Manipulation des Aderlasses vertraut machen würde, denn diese
Operation am rechten Orte und zur rechten Zeit angewendet, übertrifft in
ihrer Wirksamkeit alle allopatischen und homöopatischen Apotheken sammt und
sonders, sowie sie zur Unzeit oder unnütz angewendet, immer schaden.
Obwohl strenge genommen, nicht hieher gehörend, so soll doch in Kürze
der Ausdruck: „am rechten Orte", der auffallen könnte, näher bezeichnet
werden. Es ist nämlich gerade hier zu Lande fast allgemein Gebrauch, daß,
besonders von Abdeckern und anderen Kurpfuschern, zur Blutentleerung die
sogenannte Schrank-, auch Spornader genannt, gewählt, von den Thiereigen
thümern auch selbes gefordert wird, das „Warum?" bleibt man sich natür
lich gegenseitig schuldig.
Nun ist es aber, soll ein Aderlaß nützen und hier ist nur von der
unbedingten Nothwendigkeit desselben die Rede, eine Hauptbedingung: daß in
der kürzesten Zeit die gehörige Menge Blut entleert werde, welches bei einer
Hautvene, wie es eben die sogenannte Spornader ist, nie geschieht, die Menge
fließt nie ab und was abfließt, geschieht in einer so langen Zeit, daß die
neue Blutbildung dieselbe fast paralisirt. Bei inneren Thierkrankheiten ist es
blos die sogenannte Halsader (Drosselvene), die den vorbemerkten Bedingungen
entsprechen kann und auch entspricht!
So viele Anfechtungen diese Behauptung bei bäuerlichen Thierbesitzern
und bei. Kurpfuschern finden mag, so muß sie dennoch aufrecht erhalten
werden.
Die Einen sagen: ich lasse meinem Pferde nicht aus der „Halsader"
Blut, aus dem Grunde, weil ich es entweder selbst erfahren oder gehört habe,
daß hiedurch der Koller entsteht; der Kurpfuscher ist im doppelten eigenen
Interesse damit einverstanden, einmal, weil er nicht widersprechen darf, ohne
die Kundschaft sich zu verderben, anderseits aber, weil er es nicht versteht,
ohne die bemerkten Folgen den Aderlaß zu vollziehen.
Die Sache ist einfach die: Wenn einem Pferde an der Drosselvene
zur Ader gelassen wird, so nehmen diese Empiriker eine Hanfschnur, schnüren
dem armen Thiere den Hals oft derart zu, daß es kaum athmen kann und
schlagen dann mit dem Schnäpper oder einem Stück Holz auf die
Ader los, häufig wiederholt. Beide Drosselvenen sind jetzt faktisch unter
bunden, der Abfluß des Blutes aus dem Gehirne kann nicht stattfinden,
Blutandrang in selbes muß eintreten, und wird dies häufiger — wie es eben
bei den unsinnigen Frühlingsaderlässen geschieht — vollzogen, nun so ist es