Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1871 (1871)

81 
Um zur Verbreitung dieser Kenntniß beizutragen, soll in Nachfolgen 
dem eine kurze Darstellung über die ursprüngliche Entstehung des Ackerbo 
dens in der Voraussetzung gegeben werden, daß es für den denkenden Land 
wirth von Interesse und Nutzen sein wird, sowohl hierüber, als über das 
jenige, was geschehen ist, um den Ackerboden in seinen gegenwärtigen Zustand 
zu bringen, sich die nöthige Kenntniß, zu verschaffen, als auch daraus einen 
Schluß für diese weitere Behandlung zu ziehen. 
Nichts auf unserer Erdrunde ist beständig; nicht blos die Menschen, 
Thiere und Pflanzen sterben und fallen der Verwesung, dem Staube an 
heim, sondern auch die starren, festen und nackten Felsen, welche ursprüng 
lich das feste Land unsers Planeten und noch heut zu Tage die Häupter 
unserer Hochgebirge bilden, konnten und können auch ihrem Untergang nicht 
widerstehen und verfallen dem immer nagenden Zahn der Zeit, d. h. den 
fortgesetzten atmosphärischen, chemischen, mechanischen Einwirkungen und er 
halten ihr Ende, indem sie ebenfalls in Staub zerfallen, verwittern. 
Die Vorgänge hiebei sind folgende: 
1) Regen, Thauwetter, Schnee befeuchten und tränken die Gesteine 
und erfüllen ihre Ritzen und sonstigen Oeffnungen mit Wasser, darauffol 
gende Fröste verwandeln dies in Eis, welches sich ausdehnt und das Gestein 
zerklüftet; durch fortwährende Wiederholung dieser Einflüsse vergrößern sich 
die Klüfte und Spaltungen, bis sich nach und nach ganze Schichten des 
Gesteins ablösen. 
2) Die atmosphärische Luft berührt fortwährend die Oberflächen des 
Gesteins und die Klüftenwände; der Sauerstoff derselben wirkt oxhdirend 
Blasen bildend, und leitet dadurch die Einwirkung der Kohlensäure zu weitern 
Zersetzungen ein. Die dadurch entstehenden Verbindungen sind theils im 
Wasser löslich, theils mehr oder weniger pulverförmig und abschwemmbar. 
3) Hat auf diese Weise die Zerstörung begonnen, so erscheinen auf 
den gebildeten staubförmigen Schichten bereits niedere Pflanzengebilde und 
helfen zur Zersetzung des Gesteines mit. Sie halten das Wasser länger, 
sterben ab und verwesen. Aus ihrer Asche entstehen neue Flechten von 
größerem Umfange und erliegen gleichen: Geschicke. Nach und nach bilden 
sich auf den staubartigen Theilen des Gesteins und der Pflanzenerde durch 
Samenanflug höhere Gewächse, welche die Zersetzung weiter befördern, in 
dem sie mit ihren Wurzeln in die Gesteine eindringen, Sauerstoff ausschei 
den und das kohlensaure Wasser auf dem Gesteine zurückhalten. 
Auf diese Weise bildeten sich nun aus den verwitterten Gesteinen und 
den vermoderten Pflanzenresten die ersten Schichten unseres jetzigen Acker 
bodens, welchen sich iin Verlaufe der. Zeit die verwesenden Ucberreste kleine 
rer und größerer Thiere beigesellten. Waren auch im Anfang diese Schich 
ten von geringer Mächtigkeit, so vertieften sie sich doch ununterbrochen im 
mer weiter, bis sie endlich eine solche Mächtigkeit erreichten, daß sich immer 
größere Pflanzen und zuletzt Gesträuche und Waldbäume ansiedeln konnten. 
Bleibt nun der so gebildete Boden aus der Stelle, wo er entstanden 
war, liegen, so bezeichnet man ihn als Verwitterungsboden und seine Be 
standtheile sind jene des Gesteines, auö dem er erstanden ist. (Hichcr ge 
hört das ganze Mühlviertel mit seinen Granit- und Gneisbergen, und die 
6
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.