Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1900 (1900)

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der Zitzen und Walken des Euters belebend auf die Milchsecretion ein, 
es werden dadurch die Milchcanäle von der darin sich sammelnden und 
sich verdickenden Milch gereinigt und auch etwaigen Euteranschwellungen 
vorgebeugt. Drei Tage vor und drei Tage nach dem Abkalben der Kuh 
täglich einen Thee von einer Handvoll abgebrühten Fenchelsamen zu ver 
abfolgen, erweist sich namentlich für Erstlingskalben als sehr Vortheilhaft 
für die Milchsecretion. 
Bei dem Geburtsact muß jedes gewaltthätige Eingreifen vermieden 
werden. Ist die Lage des Kalbes im Muttcrleibe eine normale, so wird 
das Kalb durch die Mutterwchen ganz von selbst abgetrieben werden; etwa 
nur, wenn das Kalb einen sehr großen Kopf, das Muttcrthicr ein enges 
Becken hat, würde einige Hilfe nöthig werden und ein leichtes Ziehen an 
den Beinen, während der pausenweis eintretenden Wehen, dann Festhalten 
des Kalbes, um ein etwaiges Zurückschlüpfen zu verhüten, in allen Fällen 
genügen. Anders verhält es sich, wenn das Kalb keine normale Lage im 
Mutterleibe hat, in solchen Fällen muß man durch Untersuchungen von 
der wirklichen Lage des Kalbes sich Kenntnis verschaffen. Zu diesem Be 
hufe fährt man behutsam, nach Wegschneiden etwa langer Fingernägel 
und Einreiben der Hand und des entblößten Armes mit Fett oder Lanolin 
in die Scheide, bis man das Kalb fühlen und die Lage und das Fehler 
hafte derselben feststellen kann. Sind die Vorderbeine in dem Kniegelenk 
eingezogen, so versucht man vorsichtig dieselben zu strecken; ist der Kopf 
nach der Seite oder nach hinten gelegt, so muß man auch diesen in die 
normale Lage bringen, was einem erfahrenen Praktiker nicht schwer fallen 
wird; schwieriger ist es schon, wenn das Kalb mit eingezogenen Hinter 
beinen und dem Hintertheile dem Ausgange zugewendet liegt, aber mit 
einiger Umsicht und Verständnis läßt sich auch dieses Hindernis einer 
glatten Geburt beseitigen. Viel schwieriger und gefährlicher stellt sich der 
Geburtsact, wenn das Kalb mit gekrümmtem Rücken vor der Pforte 
gelegen ist, und in solchem Falle, wenn man selbst nicht die genügende 
Erfahrung besitzt, rufe man den Thierarzt, oder wenn man in der Nähe 
einen erfahrenen, wenn auch nicht diplomierten Viehdoctor hat, diesen. 
Ist das Kalb nun glücklich dem Mutterleibe entschlüpft und hat 
sich die Nabelschnur gelöst (wenn nicht, so schneidet oder reißt man die 
selbe etwa 10 Centimcter vom Nabel entfernt ab, befeuchtet das Ende 
mit Carbollösung, um etwaigen brandigen Nabelentzündungen vorzubeugen, 
an welcher bekanntlich viel Kälber zugrunde gehen), überstreut man das 
Neugeborene mit grober Weizenkleie und etwas Salz und legt es der 
Mutter zum Ablecken vor. Dieses Ablecken trügt ganz wesentlich zur Be 
förderung der Hautthätigkeit, der Athmung und der Erstarkung des Neu 
geborenen bei, darnach reibe man das Kalb mit einem Strohwisch trocken 
i und bringe es in einen warmen, ganz zugfreien Stall, woselbst cs von 
nun an mit der ermolkenen, noch euterwarmen Muttermilch getränkt wird. 
Die Colostrummilch darf dem Kalbe auf keinen Fall vorenthalten 
werden. Diese erste Muttermilch hat eine andere Zusammensetzung als 
die spätere und nimmt das Kalb mit einem Liter Colostrummilch fast die 
gleichen Mengen Fett, wie mit einem Liter Vollmilch, dagegen die
	        
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