Volltext: Die Deutschen Österreichs und das neue Parlament

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Zweifellos wird daher das neue Wahlrecht im 
Laufe einer absehbaren Zeit dem neuen Parlamente 
eine viel höhere Machtfülle verleihen als 
dem früheren. Dieser Umstand wird aber zugleich da¬ 
hin führen, daß dem einzelnen Wähler sein Recht 
wertvoller, sein Interesse am öffentlichen Leben sich 
erhöhren wird. Damit wird das neue Wahlrecht ge¬ 
radezu zu einem bedeutsamen, ja dem bedeutsamsten 
Erziehungsmittel für die breiten Schichten des Volkes 
werden. 
Dieses Erziehungsmittel ist gerade für uns Deutsche 
besonders nötig, denn das instinktive Empfinden der 
geringen parlamentarischen Macht in der früheren 
Zeit unserer Verfassung, die Angewöhnung des Nicht- 
mitregierens in der Ära Taaffe, der Mangel eines 
wirklichen parlamentarischen Einflusses auf die Re¬ 
gierung hat die Deutschen Österreichs der Mitwirkung 
an der Staatsverwaltung ganz absonderlich entfrem¬ 
det. Der Deutsche neigt von Natur aus zur Kritik — 
er sah die Haupttätigkeit des Abgeordneten in der 
bloßen Kritik und nahm als selbstverständlich hin, daß 
den Abgeordneten das Reden, den Regierungen das 
Handeln zu überlassen sei. Die Hauptverantwortlich¬ 
keit schob man der Regierung zu, die ja auch die Macht 
hatte. Auf den naheliegenden Gedanken, s e l b st 
m i t r e g i e r e n zu wollen, sind wir Deutsche erst 
sehr spät zurückgekommen. 
Es hat sich seit Jahrzehnten auch bei uns gezeigt, 
daß eine gewisse politische Tradition des deutschen Vol- 
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