Volltext: Ein Wort über die Wallfahrten

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auf den heutigen Tag gibt es fast kein Kloster, kein Stift, das 
nicht entweder selbst ein „Gnadenort“ wäre oder unter den ihm 
zugeordneten Kirchen einen selchen wundervollen „Gnadenort,“ also 
Wallfahrtsort hätte; und dort, wo ein Kloster aufgehoben wurde, 
verlor sich auch in der Regel der dazu gehörige „Gnadenort.“ — 
Sonderbar bleibt's immerhin, daß Gott und die Heiligen nur in 
und bei Klöftern so gerne Wunder wirkten, und ebenso sonderbar 
ist's, daß der Ursprung aller dieser „Gnadenorte“ fast immer auf 
ein und dasselbe Ereigniß hinausläuft. Dort wird ein Marienbild 
ausgegraben, hier knieen Schafe vor einem Bilde der heiligen Drei— 
faltigkeit und einem Hirten träumt davon, dort erscheinen Engel 
mit Fahnen bei einem Bilde Marien's in einem Baum, hier wächst 
ein Marienbild aus einem Baume heraus u. s. w. und überall ist 
als D'raufgabe ein „heiliges Bründl“. Immer die alte Geschichte. 
Aber die guten Ordensväter waren klug; so ein Gnadenort 
hatte stets viele Gnaden“ für die Klosterkasse im Gefolge, und. 
noch jetzt tragen der Opferstock und das Messenverzeichniß ein recht 
„gnadenvolles“ Sümmchen.*s) Warum sollte die Geistlichkeit also 
biese Gnadenorten nicht ihrer ganz besonderen Pflege empfohlen 
san lassen ? Nicht nur für den Vorbeter, auch für den begleitenden 
Geistlichen faͤllt immer was ab, was nicht zu verachten ist; und 
dann: Schau' dir nur einmal die schönen, Feierlichkeiten an, womit 
die Wallfahrer am ,Gnadenorte“ empfangen werden! die wallenden 
Fahnen, die praͤchtigen Priesterkleider, die schoͤn geschmückte heilige 
Statue, getragen von weißgekleideten ... Jungfrauen, und erst die 
prächtige Musik mit Trompeten und Pauken .. welch' eine Freude, 
— Lichter 
am Altar und das feierliche Hochamt — wer wohl kann all' die 
9 S8n Rom bringt die (wunderthätige) steinerne Muttergottes in der 
Kirche Maria in Campitelli durch ihr von den Wallfahrern gewidmete Ge— 
schenke jährlich die Summe von 265.000 fl. ein.
	        
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