Volltext: Alpenländische Musiker-Zeitung Folge 5/6 1935 (Folge 5/6 / 1935)

„Alpenländische Musiker-Zeitung“ 
heiligen Stuhl bestieg, hatte der christliche Kirchenge— 
ang bereits mehrere Entwicklungsstufen zurückgelegt. 
Bei einer Umgestaltung des Kirchengesanges innerhalb 
kurzer Zeit, kam ihm die persönliche musikalische Ver— 
anlagung und der ausgesprochene Kunstsinn sehr zu— 
statten. Der gregorianische Gesang wurde zum künstleri— 
schen Ideal der mittelalterlichen Kirchenlyrik, gleich— 
zeitig wurde er zur Grundlage aller kirchlichen Poly— 
ohonie. Gregors Werk gehört zu den merkwürdigsten 
Erscheinungen der ganzen Kunstgeschichte, denn der 
tausendjährige Bestand einer Schöpfung beweist die 
Genealität. Der Rhythmus des gregorianischen Cho— 
rals ist ebenso frei wie der Rhythmus der ungebundenen 
Sprache. Ebenso wie mit Wessentexrten verband sich der 
gregorianische Gesang mit der freien geistlichen Hymnen— 
dichtung. 
Liturgische Gesangschöre gab es bereits im A. 
Jahrhundert. An den bedeutendsten Kirchen entwickel— 
en sich daraus Gesangsschulen. Auf diese Weise er— 
fuhr der kirchliche Gesang eine künstlerische Weiter— 
hildung. Was nun einem größeren Chor ins Gedächt— 
nis eingeprägt wurde, konnte auf ungetrübte Fortpflan— 
zung rechnen. So wurden die Gesangsschulen zum 
Träger der Entwicklung der Musik. Ein wichtiger Ge— 
zenstand des Unterrichtes war der gregorianische Ge— 
sang. Gregor selbst gründete in Rom eine Gesang— 
schule und gab mit dieser Einrichtung den Anlaß zu 
ihnlichen Gründungen. In seiner Schule trat der große 
Zirchenfürst häufig selbst als Lehrer auf. Zuerst kam 
der gregorianische Gesang nach England. Kent und 
Rford wurden zum MWittelpunkt der neuen Bewegung. 
Auch in englischen und schottischen Klöstern wurden 
Hesangsschulen eingerichtet. Hierfür legen noch einige 
Handschriften Zeugnis ab, die meisten sind der Refornia— 
tion und den Puritanern zum Opfer gefallen. Der hei— 
lige Bonifazius führte im Jahre 744 den römischen 
Ritualgesang in Fulda ein, nicht viel später wurde er in 
Schweizer Klöstern bekannt. Den größten Aufschwung 
nahm der gregorianische Kirchengesang unter Karl dem 
Großen. In Frankreich hatte sich unterdessen die Schule 
von Metz unter Bischof Chrodegang den ersten Platz 
errungen. Das Ansehen war so groß, daß der Wetzer 
Gesang überall als Muster galt. Der „Metzer Gesang“ 
wurde geradezu zum Begriff und es entwickelte sich 
daraus das Wort Mette. Seit dem 12. Jahrhundert 
traten die Sängerschulen vom historischen Schauplatz 
ab, da sie ihre Mission erfüllt und die Melodien des 
zregorianischen Gesanges sichergestellt hatten. Forthin 
konnte die Ueberlieferung schriftlich festgelegt werden. 
Musilinstrumente 
— 
Membran⸗ und Lärminstrument 
Seit dem 14. Jahrhundert tritt die mit zwei Fellen 
bespannte Trommel auf . 
Die Höhe des Tones hängt von der Spannung 
der Membranen ab. Die mittelalterliche Trommel, die 
sogenannte Landsknechttrommel, war bis zu 70 Zenti— 
meter lang. Hinsichtlich des musikalischen Wertes steht 
die Pauke am höchsten. In ihrer ältesten Form kam sie 
durch die Araber nach Europa. Ihr Körper war klein 
und schalenartig, die Hessel bestanden aus Holz, Kupfer 
und Bronze. Während man in Deutschland und Eng— 
land Kupferkessel bevorzugte, sind in Frankreich Mes— 
— — 
ingkessel beliebt. Das Umstimmen erfolgt durch acht 
Zchrauben an dem Reifen, der das Fell trägt. 
Bei den RBeibinstrumenten schwingt das tönende 
Material, vornehmlich handelt es sich um Glas, Metall 
der Holz in Form von Stäben oder Scheiben. Beson— 
ders rein sind die Töne bei Glasinstrumenten, die sich 
ioch im 19. Jahrhundert größter Beliebtheit erfreuen. 
Has niederländische „Drink en Klingglas“ stimmte man 
urch Einfüllen von Flüssigkeit ab und schlug es mit 
leinen Stäben an. Beim Xylosistron und Xylomelodi— 
hord werden Holzstäbe mit Quarzhandschuhen oder ro— 
ierenden Walzen gerieben. Die Zimbel war bereits 
den Griechen bekannt. Altasiatischen Ursprungs ist 
der Gong, den man noch heute in China und Japan in 
uinerreichter Weise anfertigt. Der Hauptunterschied zwi— 
schen Becken und Gong ist die Anschlagsart. Becken 
verden gegeneinander geschlagen, der Gong hängt do— 
segen in einem Gestell und schwingt, wenn er mit dem 
dlöppelangeschlagen wird. Je nach der Form des me— 
allenen Teils des Gongs unterscheidet der Chinese 
nännliche und weibliche Gongs. * 
Zu den Gefäßinstrumenten ist noch die Glocke hin— 
zuzuzählen. Von einer Glocke ist dann zu reden, wenn 
ich der schallerzeugende Klöppel im Innern befindet. 
Wird das Gefäß dagegen durch einen Hammer von 
iußen angeschlagen, so handelt es sich um einen Gong, 
elbst wenn die Gefäßform der Glocke entspricht. — 
Im Xylophon tritt uns eines der ältesten Musik— 
nstrumente entgegen. Es ist als Strohfiedel, Holzfiedel 
der Holzharmonika schon seit Jahrhunderten im Abend— 
and bekannt. Im Mittelalter hieß das Xylophon „hült— 
ig Gelächter“. Das mittelalterliche Xylophon bestand 
ius halbrunden Hartholzstücken, die auf zwei Holzlei— 
ten befestigt, locker auf schmalen Drehschnüren liegen. 
HDie abgestimmten Holzstücke schlug man mit löffelförmi— 
gjen Klöppeln. Noch älter ist das asiatische Xylophon, 
heispielsweise das chinesische King, das malaiische An— 
zelang und das siamesische Pattala. In Afrika treffen 
vir das Xylophon als die „Marimba“ wieder. Die 
Marimba ist ein Instrument mit abgestimmten Stahl— 
olatten, es gab aber auch solche mit Stein-, Eisen- und 
Bronzeplatten. 
Die Lärminstrumente gehören zu den primitiosten 
ind ursprünglichsten Werkzeugen der Musik. Das Ge— 
räusch der Rasseln benutzten schon die alten Aegypter 
inläßlich ihres Tempeldienstes. Komplizierter als die 
infachen Rasseln sind die verschiedenen Vatschen, die 
durch Zahnräder zum Erklingen gebracht werden. Das 
etzte Lärminstrument ist die Klapper; als Kastagnette 
st sie dem spanischen Musiker unentbehrlich. 
Orgel und mechanische Instrument 
Im Prinzipp geht die Orgel auf die uralte Pfeife 
zurück. Das Gebläse ersetzt die Tätigkeit der menschli— 
hen Lungen. Wir besitzen eine griechische Mitteilung 
uus dem Jahr 170 vor Christi, nach der es dem Ma— 
hematiker Ktesebius gelungen sei, das Gebläse der 
Irgel durch Wasserdruck zu regulieren. Die älteste 
ibendländische Orgel schenkte Konstantin Kopronymus 
m Jahr 775 Pippin dem Kleinen. Das alte Byzanz 
tellt den Mittelpunkt und den Ursprung der Entwick— 
ung der Orgel für Europa dar. Seit dem 10. Jahr— 
zundert findet die Orgel als Instrument des Gottes— 
ienstes weitere Verbreitung. Dazu kam im 12. Jahr— 
sundert die Klaviatur auf, die allerdings bis zum 
Jahre 1530 noch mit den Fäusten geschlagen werden 
nußten. Die Pfeifen bestanden aus Kupfer oder Erz,
	        
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