Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

E⸗ sind vier Jahre verflossen, seit die Sänger Deutsch— 
land's das große, deutsche Gesammtfest in Nürnberg feierten, 
und einig im deutschen Liede wenigstens auf Augenblicke die 
von Geschlecht auf Geschlecht sich forterbende Krankheit deutsch— 
politischer Zerrissenheit vergaßen. 
Die Sänger Oberösterreichs preisen jene Tage der Ver— 
brüderung als den Geburtstag jenes Bundes, der in diesen 
Tagen sein erstes Fest feiert. 
Als wir im Jahre 1861 hörten, daß aus allen Gauen 
Deutschlands deutsche Sänger und deutsche Sängerbünde nach 
Nürnberg zögen, um ein gemeinsames Sängerfest zu begehen, 
da erwachte bei manchem kleineren Gesangsvereine des Landes, 
der nicht selbstständig in Nürnberg aufzutreten vermochte, aber 
von dem Wunsche beseelt war, nicht blos als unthätiger Zeuge 
an dem Feste theilzunehmen, sondern durch fröhlichen Gesang 
zu verkünden, daß man auch in Oberösterreich aller Orten das 
deutsche Lied mit Begeisterung pflege, das Bedürfniß, durch 
Vereinigung der Kräfte einen Körper zu bilden, der von dieser 
Begeisterung lautes Zeugniß in Nürnberg geben könne. 
So geschah es, daß der von dem Männergesangs-Vereine 
in Wels ausgesprochene Gedanke dieser Vereinigung bei allen 
Liedertafeln des Landes den lebhaftesten Anklag fand, und daß 
durch die opferwillige, freudig begeisterte Mitwirkung aller 
Gesangsvereine Oberösterreichs dieser Gedanke sich zur frischen, 
lebendigen, erfolgreichen That gestaltete. 
Heimgekehrt von dem Nürnbergerfeste konnten die Sän— 
ger Oberösterreichs in dem Erfolge und in den warmen Sym— 
pathien, welche ihre Vereinigung in Nürnberg gefunden, nur 
einen mächtigen Antrieb erblicken, diese Vereinigung für alle