Volltext: Neuer Braunauer Kalender 1901 (1901)

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Eines dieser Geschütze hatte sich besonders weit vorgewagt und da beschloß unser 
Rittmeister dies Geschütz zu nehmen. Unsere infolge kargen Futters entkräfteten 
Pferde konnten nicht recht vorwärts, daher kam es, daß nur wenige Uhlanen dem 
Rittmeister folgten. Schon glaubten wir das Geschütz in unseren Händen zu haben, 
als wir zu unserem Schrecken gewahr wurden, daß ein breiter und tiefet Graben 
uns von dem Geschütze trennte. Zum Ueberfluß wurde dem Rittmeister sein Pferd 
niedergeschossen. Als die Mannschaft dies sah, wollte sie umkehren, was gleich¬ 
bedeutend mit unserer gänzlichen Vernichtung gewesen wäre. In diesem kritischen 
Augenblick gab ich meinem braven „Trojan" die Sporen und rief mit lauter Stimme: 
„Wer seinen Kaiser liebt, folgt mir!" — Ein Sprung und ich war drüben, mir 
nach ein Theil meiner Kameraden, während die übrigen den Graben umritten und 
den Feind in Flanke und Rücken nehmen. Die Bedienungsmannschaft wurde nieder¬ 
gesäbelt und die Geschützbedeckung floh mit dem Commandanten des Geschützes. 
Das Geschütz war unser. Der Rittmeister, der beim Sturz sich stark verletzt 
hatte, humpelte auf mich zu, umarmte mich und meinte, ich fei ein braver Kerl ge¬ 
wesen. — So kam ich zur „Goldenen". 
Diese Erzählung des Uhlanen gieng dem Corporal Stephan Scheich den ganzen 
Tag nicht aus dem Kopf. Ach, wie so gerne hätte auch er gezeigt, daß er es Bezug 
auf Kaiser- und Vaterlandsliebe, auf Muth und Tapferkeit mit jedem Soldaten 
aufnimmt. Sein frommer Wunsch sollte bald in Erfüllung gehen. 
Tags darauf, am 9. März 1849, machte die Garnison von Arad einen Aus¬ 
fall gegen die feindlichen Cermernngstruppen. Die Compagnie des Hauptmann 
Unukic stürmte über die nach Neu-Arad führende Brücke. Auf derselben angekommen, 
bemerkte der Officier, daß die Brücke vorn Feinde in Brand gesetzt worden war. 
Schnell wurde Corporal Stephan Scheich mit noch einigen Soldaten zum Wasser- 
tragen beordert, und man versuchte das Feuer zu löschen. Da auf einmal fängt 
der Boden unter den Füßen der Soldaten zu wanken an. Alle fliehen zurück, nur 
Corporal Scheich bleibt an der Seite feines Hauptmannes. Unter furchtbarem Ge¬ 
krache stürzt ein Theil der brennenden Brücke "ein und reißt den Hauptmann Unukic 
mit hinab ins Wasser, wo er auf einen daselbst liegenden Balken anprallt und mit 
gebrochenen Rippen leblos liegen bleibt. Corporal Scheich, der wunderbarer Weife 
dem Todesstoß entronnen war, stürzt sich schnell entschlossen ins Wasser hinab, um 
seinem schwer verletzten Hauptmann beizustehen und ihn wenn möglich zu retten und 
vor feindlicher Gefangenschaft zu bewahren. Seinen Compagniechef vorsichtig um¬ 
fassend, schwimmt er mit ihm ans Ufer und legt ihn dort in ein Gesträuch. 
Der Feind hat mittlerweile auf anderem Wege das jenseitige Ufer erreicht 
und verfolgte die im Rückzüge begriffene Abtheilung des Regimentes Nr. 61. Ans 
der Festung, von wo man den Einsturz der Brücke bemerkt hatte, wurde eine Ab¬ 
theilung von 20 Mann abgesendet, um den etwa Verunglückten beizustehen. 
Die sich darbietenden Deckungen benützend, gelangte die Abtheilung, ohne vom 
Feinde gesehen worden zu fein, bis zur Brücke. Vorerst wurde Hauptmann Unukic 
auf eine improvisierte Tragbahre gelegt und zurückgetragen. Corporal Scheich stellte 
sich sodann an die Spitze der Abtheilung und führte sie kühn in den Rücken des 
Feindes. Jede Terraindeckung benützend, schlich er sich mit feinen Leuten bis auf 
50 Schritte au den siegesbewußten Feind heran. Durch Zeichen verständigte er die • 
Mannschaft, daß sie ihre Gewehre schußbereit hatten sollen. 
c , ~ — 5euer!" brüllt Scheich und stürzt sich sodann mit Hurrahgefchrei 
auf den Feind. Dieser, obwohl an Zahl zehnfach überlegen, wurde durch diesen in 
feinem Rücken vollführten Ueberfall derart überrascht, daß er sich ohne weiters 
unter Hinterlassung von 18 Todten und 10 Gefangenen fofort zur Flucht wendete. 
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