Volltext: Neuer Braunauer Kalender 1901 (1901)

— 60 — 
oben an die Triumphpforte eingesetzt, einen kolossalen Effekt machen mußte. Dem 
Maler Klexer fiel die hehre Aufgabe zu, besagte Holztafel in den gewünschten Stand 
zu setzen. 
So war nun doch Alles noch gut gegangen und am Morgen der Ankunft des 
Landesherrn hatte sich bereits eine volle Stunde vor der bestimmten Zeit vom 
Triumphbogen nach rückwärts ein langes Spalier gebildet Vorn standen jetzt hoch¬ 
erhobenen Hauptes die kurz vorher noch so beklommenen Stadtväter, nur ihr Ober¬ 
förster und Führer, der Bürgermeister, konnte eine gewisse Bänglichkeit nicht ver¬ 
bergen; ihm fiel es nämlich zu, die Begrüßungsrede zu halten. 
Der Himmel machte ein unfreundliches Gesicht. Es regnete, zwar nur in 
leisen Sprühtröpfchen, aber doch in unangenehm fühlbarer Weife. Da zeigte sich in 
der Ferne eine geschlossene Karosse — Serenissimus nahte. 
Die Pöller knallten von der nahen Anhöhe. der Scknlmeister aab den Ton an 
Zum Liede, Bürgermeister 
und Gemeinderath setzten 
sich in Positur. 
Da, plötzlich hörte 
der Regen auf und wie 
auf einen Zauberschlag 
blickte die Sonne sieg¬ 
reich durch's Gewölk. Der 
Schlag der Karosse flog 
zurück und im langsamen 
Trabe kam der offene 
Wagen näher, der ent¬ 
scheidende Augenblick war 
da. Der Bürgermeister 
räusperte sich, er machte 
schon einige Schritte nach 
Dorne, doch — da blieben 
die Pferde in einer Ent¬ 
fernung von 50 Schritten 
stehen, der Wagen hielt. 
kich getrocknete Farbe gänzlich abgewaschen und undeutlich zwar, 'aber doch erkennbar 
las man durch das schmutzige Gemisch die alte Marktaufschrift: „Standplatz für 
Ochsen." 
Der Fürst mochte wohl die Situation durchschaut haben, vielleicht hatte er 
auch in den Gesichtern der niedergedonnerten Rathsmttglied.-rn, die dem Blicke des 
Bürgermeisters folgend, das Schreckliche erschaut hatten, eine gewisse Berechtigung 
mit der über ihnen angebrachten Aufschrift erkannt — er stieg aus dem Wagen 
klopfte dem todtenbleichen, keines Wortes fähigen Bürgermeister lächelnd auf die 
Schulter und meinte: „Bessere Farbe nehmen das nächste Mal, mein lieber Schulze'" 
Dann fuhr er davon, während sich ein gepreßtes Hoch noch mühselig aus den 
Kehlen der unglücklichen Schotenheimer rang und wie ein Verzweiflungsruf dem 
Wagen nachklang. 
Was mochte das nur fein? 
Der Fürst hielt seine 
Blicke fest aus die Tafel 
am Triumphbogen ge¬ 
richtet, feine Stirne zog 
sich in finstere Falten 
und man sah, wie er 
mit dem Finger die 
Augen seines Begleiters 
nach derselben Richtung 
wies. 
Unwillkürlich lenkte 
nun auch der Bürger¬ 
meister seine Blicke nach 
oben. Aber was er sah, 
machte sein Blut in den 
Adern erstarren. Du 
heiliger Himmel, der 
Regen hatte die schlechte, 
nock nickt einmal nrhrot, 
Slanh|tati(iu(jchsen
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.