Volltext: Neuer Braunauer Kalender 1901 (1901)

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Als er beim Bürgermeister einlangte, saß noch immer Bender bei diesem. 
Mürrisch fragte der Bürgermeister nach seinem Begehr. 
Mißtrauisch schaute er ihn an, als er den Mord erzählte; „wie kornrnt’s", 
fragte er dann, „daß Ihr an den Händen und Kleidern voll Blut seid?" Der Holz¬ 
sucher hatte sich, als er dem schwer verwuudeteu Mädchen seinen Rock unter den 
Kopf schob, mit Blut an ben Händen und Kleidern befleckt und dies in der Er¬ 
regung nicht bemerkt; er erzählte bies bem Bürgermeister. 
„Ich kann’s glauben unb nicht auch", erwiberte er b’rauf, „Ihr bleibt hier 
unb Sie Benber, geb’n acht, baß er uns nicht entwischt." 
„So glaubt Ihr, Bürgermeister, ich hätte bie Marie umgebracht ?" frug er¬ 
schreckt ber Holzsucher. 
„Kann schon fein", sagte ber Bürgermeister. 
„Natürlich, hat sie ber Holzbieb umgebracht unb ausgeraubt", sagte Bender, 
dabei den „Holzdieb" scharf anblickend. 
„Mörder, elender!" schrie der Holzsucher den Forstgehilfen an. 
„Der Mann ist wahnsinnig", sagte Bender, todtenbleich werdend, mit zitternder 
Stimme. 
„Wahnsinnig", höhnte der Holzsucher, „wißt Ihr, daß mir die Marie gesagt 
hat, daß Ihr sie erschlagen wolltet, wißt Jhr’s?" 
Der Gendarm trat in diesem Augenblick ins Zimmer und meldete dem Bürger¬ 
meister, daß man nur mehr eine Todte gesunden habe. Der Forstgehilfe schöpfte 
Hoffnung. Doch entdeckte man bald, daß ber Gewehrschaft mit Blut bebeckt, ber 
Gehilfe also wirklich ber Mörber war. 
Als man bes anberen Tages ben Arrest öffnete, wo man ben Forstgehilfen 
einstweilen untergebracht hatte, fand man ihn an seinem Leibriemeu erhängt. - 

Der <£ompagnie=Scfynetber. 
(Eine Humoreske.) 
Der Rohrer Ferdl hatte feine drei Jahrlu bei den „Kaiserlichen" abgedient, 
und wenn er es hiebei auch nicht einmal bis zum ersten Tuchstern gebracht hatte, 
so galt er doch bei allen Burschen am Liechtenthaler-Grund als Fachmann von 
großer Autorität in militärischen Angelegenheiten. Kein Wunber also, baß ber Ferdl 
von den Burschen, bie mit betn farbigen Sttäußerl aus betn Aushibuugslocale heim¬ 
kehrten, vielfach über bie Mysterien bes Solbcitenlebens ausgeholt würbe. Auch ber 
Greinerifche, ber „Fliegenschorsch", wie man ihn ber charmanten „Fliege" wegen 
nannte, bie er sich unter ber Lippe stehen ließ, kam, um sich Raths zu exholen. 
»Wann i nur wußt," sagte er, „wie ma bas anstell'n kunnt, baß ma net so 
strapaziert tourb’." 
„So meld’ bi halt zu alter Profession." 
»I war bie längste Zeit als Fensterputzer bei aner Reinigungsgesellschaft an¬ 
gestellt unb hab' tn bte schönsten G'schäft bie Auslagsenster unb Thürn a'waschen. 
Manst, baß bö Profession was gilt beim Militär?" 
Der Ferbl lachte. „Frennberl, bamit kummst net weit. Aber könnt’st benn net 
angeb’n, baß b’ bei ein’ ©chneiber g’arbeit’ hast?"
	        
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