Volltext: Neuer Braunauer Kalender 1899 (1899)

63 
„O, bitte, bitte, Herr Franke, das kann ja vorkommen; 
aber vielleicht geben Sie uns auch einmal die Ehre, — 
meine Johanna würde sich sehr freuen." 
„Aber gern, gnädige Frau! wird mir eine Ehre sein!" 
„Alle Donnerstag empfangen wir, — aus Wiedersehen, 
Herr Franke!" Lächelnd ging sie weiter. 
Und Eduard versprach noch einmal, daß er kommen 
werde, als er aber wieder allein war, dachte er lächelnd: 
laßt Euch nur nicht die Zeit lang werden! 
Nun wurde er aber mißtrauisch, und um noch anderen 
unangenehmen Bewegungen zu entgehen, beschloß er, nach 
Hause zurückzukehren. — 
Daheim angekommen, wollte er lesen, kaum aber hatte 
er die ersten zehn Seiten hinter sich, als in der Etage über 
ihm die Clavierstuude begann. Mit der Ruhe war es aus. 
Das Buch flog in die Ecke. 
Was nun? Nachdenkend stand er am Fenster und sah 
aus das Treiben der Straße. Plötzlich drang die Sonne 
durch die Wolken und warf ihr leuchtendes Frühlingslicht 
auf die noch eben so düstere Welt. 
Da kam ihm eine Idee: schnell dinieren und dann einen 
Ausflug ins Freie machen, in den stillen Wald, der im Vor¬ 
frühling doppelt schön und reizvoll ist ; da wird er einsam 
sein und sich über die lieben Nächsten nicht zu ärgern brauchen. 
Sofort wurde die Idee ausgeführt. Er ging in sein 
Stammlocal. Aber o weh! es war ja Donnerstag und an 
diesem Tag der Woche steht Berlin im Zeichen der Erbsen-, 
Sauerkohl- and Pökelfleisch-Gerichte, und dies sonst so 
schmack- und nahrhafte Essen war Herrn Eduard Franke vom 
Arzt verboten worden, weil er einen schwachen Magen hatte; 
so wollte der vielgeplagte Mann sich eben ein anderes Menu 
zusammenzustellen, als er von einem guten Freund ange¬ 
sprochen wurde. 
„Was für ein jämmerliches Gesicht machst Du denn, 
Mensch!" 
Eduard begrüßte den Freund und klagte ihm sein Leid. 
„Ja," entgegnete dieser lächelnd, ,„das sind bie Jung¬ 
gesellenfreuden. Hättest Du eine Frau und einen gemütlichen 
Hausstand, bann wären Dir solche Sorgen erspart geblieben, 
so aber, als eingefleischter Junggeselle, mußt Du Dich über 
das Kneipeu-Essen ärgern."
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.