Volltext: Neuer Braunauer Kalender 1895 (1895)

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besetzt, den Schatz des verstorbenen Herzogs an sich genommen 
und Truppen geworben, besonders zahlreiche Schaaren von 
Böhmen und Mährern. 
Nach langen Verhandlungen, die zu keinem Ziele führten, 
kam es endlich zum Kriege, der in einem einzigen Jahre ganz 
Ober- und Niederbayern mit unsäglichem Elend erfüllte. Deu 
Anfang der Feindseligkeiten machte in eigener Person Elisabeth, 
die Tochter des verstorbenen Herzogs Georg, eine Helden- 
müthige Frau, welche mit männlicher Rüstung angethan und 
den Streitkolben in der Hand sich an die Spitze ihrer Kriegs¬ 
leute stellte, viele Orte überrumpelte und eroberte. Das war 
im Jahre 1504. 
Am Tage des heil. Nährvaters Josef eben dieses Jahres 
saß in seiner Werkstatt zu Braunau, dem alten Brunodunum 
der Römer am Inn, Meister 'Preysiug und hämmerte und 
feilte mit einem Eifer, als wenn diesmal mehr als gewöhnlich 
davon abhinge, daß ein gutes Stück Arbeit geliefert werde. 
Er war ein guter Schwert- und Harnischfeger, machte 
gute Rüstungen, Armbrüste, allerlei Geschoß, daß die Edlen 
dieser Gegend gerne bei ihm zu bestellen pflegten. Daher 
hatte denn seine Werkstube auch das Ansehen einer Rüst¬ 
kammer, in welcher spiegelblanke Waffen und halbzertrümmerte 
Wehr als Reliquien aus alten Zeiten nebeneinander aufbewahrt 
werden. 
Den ganzen Morgen hatte das Lämpchen über seinem 
Arbeitsstande schon zum Werke geleuchtet, und die finstere 
Decke des Gemaches, welche in der Mitte einen Kreuzbogen 
bildete, war noch einmal so schwarz geworden, als sie sonst 
schon zu sein pflegte. Dagegen prangte an der Wand bereits 
ein blinkendes Handrohr, nach damaligem unvollkommenen 
Gebrauche noch zum abbrennen mit der Lunte eingerichtet, 
aber überaus fein und sauber gearbeitet. 
Die Krone aber gebührte, unter allem, was da stand 
und hing, einem spiegelhellen Brustharnisch von Stahl, ein 
glänzender-Panzer, wohl vernietet, daß er jedem Lanzenstoß 
und Schwertstreiche baß widerstehen mochte. 
Soeben hatte der Meister an einem Schwerte gearbeitet, 
dessen Griff mit edlen Metallen ausgelegt und mit einem 
vergoldeten Knopfe geschmückt war. Da zog der alte ein 
Schweißtuch aus dem Schurze, rieb sich damit die Hände»
	        
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