Volltext: Neuer Braunauer Kalender 1895 (1895)

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Er wendete sich langsam um und ließ einen kummer¬ 
vollen Blick über die Reihen der Zuschauer streifen. „Es ist 
uur ein Mann ans der Welt, dessen Zeugnis mich retten 
kann, und —" Plötzlich brach er ab. „Hier steht der 
Mann!" schrie er, und seine ausgestreckte Hand deutete 
auf mich. 
Wie ein Blitzstrahl zuckte es durch mein Gehirn. Ich 
erkannte den Mann, es war derselbe, den ich in jener Dezember¬ 
nacht, in der Nacht des Mordes, an der Laterne getroffen 
hatte. „Er ist unschuldig!" rief ich. 
Mein Zeugnis brachte das fehlende Glied in der Kette 
des Unschuldsbeweises. Der Mann hatte sich zur Zeit des 
Mordes eine volle Stunde weit von der Stadt C. befunden. 
Eine Viertelstunde später war er frei. 
Und seltsam, in diesem Augenblicke, in dem er mich 
erkannte/ wies der Zeiger der Uhr im Gerichtssaal auf drei 
Minuten vor Zwölf. 
per Aannerträger 
Historische Erzählung aus der Vorzeit der Stadt Braunau von 
Ludwig Kollermann. 
(Nachdruck untersagt) 
Wer erlangen will Lob und Ruhm, 
Ter schlaf' nicht in seinem Ei^emhum, 
Und in Faulheit nicht jubilier; 
Ehrenireudigkeit wachtbac und rund, 
Treu, männlich, mit Herz, Hand und 4) und! 
Denn aus der muken Rott und Art 
Nie einer zu einem Ritter ward. 
Meistersänger. 
i. 
Am 1 Dezember 1503 war Herzog Georg von Bayern, 
der Reiche genannt, zu Landshut ohne Söhne gestorben. Er 
hatte gegen einen früheren Vertrag dem Gemahl seiner Tochter 
Elisabeth, Herzog Ruprecht, dem Sohne des Kurfürsten von 
der Pfalz, seine Länder vermacht, während doch die ober¬ 
bayerischen Herzoge Albrecht und Wolfgang, welche in München 
residierten, als älteste Agnaten das eigentliche Anrecht an 
Herzog Georgs Erbe hatten. Der Streit wurde dem habs¬ 
burgischen deutschen Kaiser Maximilian vorgelegt, und dieser 
entschied gerechter Weise für die Münchner Fürsten. Aber 
indessen hatten dieMfälzer schon Landshut und Burghausen
	        
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