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ist — er bedankt sich wohl am ehesten noch dafür und gibt
sich fürder Mühe, einem weiteren Zuwachs derartiger Knorpel¬
theile zn steuern.
Leider gab es in früheren Jahren diverse Menschen,
welche ihre Nasen nicht in die Feuerfeste vergruben, sondern
selbe — denkt nur! — wieder zurückspedirten.
Solch ein Kauz war auch der Herr Kreisrichter Gott¬
helf Nesselmann in Oberstadt. Dieser würdige Beamte er¬
freute sich einer überaus zerstreuten Complexion, so daß ihm
auf Grund dessen die komischesten Vorfälle zustießen. Bald
goß er anstatt des Streusandes einen Hafen Alizarintinte
auf die muudierten Akten, bald setzte er statt der Perrücke
die falschen Zöpfe seiner Frau auf, um damit im Park
spazieren zu gehen, ja einmal sandte er gar dem vorgesetzten
Amte anstatt gewisser Takten die unquittirten Rechnungen
seines Schneiders ein. Die Herren von „oben" verstanden
keinen Spaß und Herr Nesselmann empfing deshalb eine
Nase, an deren Solidheit wohl Niemand zweifeln wird.
Der Herr Kreisrichter ärgerte sich über die Maßen und
der erhaltene Denkzettel lag ihm wie ein Zwanzigpfünder
im Magen, umsomehr, als keine böse Absicht vorlag und
Herr Nesselmann im Verkehr mit Vorgesetzten den aller¬
größten Respekt an den Tag legte Seine Memoranda z. B.
erfreuten sich einer musterhaften Ordnung, die Nummern und
Register stimmten auf's Haar und alle Ansprachen zeugten
von Devotion. Bei der Unterschrift fehlte auch niemals der
vorgeschriebene Respektstrich und die Signatur „Gottfried
Nesselmann" verrieth einen pflichttreuen Beamten.
Wie erstaunte er, als ihm kurze Zeit nach der erwähnten
Nase abermals ein Riechnerv zu Theil wurde! Kopsschütelnd
wischte er sich die Brille, setzte sie auf, zupfte feinen Kragen
zurecht, fuhr zweimal durch die Perrücke und las bedächtiq
nochmals die Epistel.
Am Schluße des Reskriptes stand Folgendes: „Dero
Wohlgeboren werden endlich aufmerksam gemacht, daß auch,
ttzo tn Ihren Memomnöis eine Fahrlässigkeit entdeckt worden
ist, da in den Ausweisen über die Vorcrimina des Mord¬
brenners Aloisie Ruppig nichts zu lesen steht. Das Fasci-
culum tst binnen 24 Stunden anhero zu senden.