Volltext: Neuer Braunauer Kalender 1895 (1895)

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ist — er bedankt sich wohl am ehesten noch dafür und gibt 
sich fürder Mühe, einem weiteren Zuwachs derartiger Knorpel¬ 
theile zn steuern. 
Leider gab es in früheren Jahren diverse Menschen, 
welche ihre Nasen nicht in die Feuerfeste vergruben, sondern 
selbe — denkt nur! — wieder zurückspedirten. 
Solch ein Kauz war auch der Herr Kreisrichter Gott¬ 
helf Nesselmann in Oberstadt. Dieser würdige Beamte er¬ 
freute sich einer überaus zerstreuten Complexion, so daß ihm 
auf Grund dessen die komischesten Vorfälle zustießen. Bald 
goß er anstatt des Streusandes einen Hafen Alizarintinte 
auf die muudierten Akten, bald setzte er statt der Perrücke 
die falschen Zöpfe seiner Frau auf, um damit im Park 
spazieren zu gehen, ja einmal sandte er gar dem vorgesetzten 
Amte anstatt gewisser Takten die unquittirten Rechnungen 
seines Schneiders ein. Die Herren von „oben" verstanden 
keinen Spaß und Herr Nesselmann empfing deshalb eine 
Nase, an deren Solidheit wohl Niemand zweifeln wird. 
Der Herr Kreisrichter ärgerte sich über die Maßen und 
der erhaltene Denkzettel lag ihm wie ein Zwanzigpfünder 
im Magen, umsomehr, als keine böse Absicht vorlag und 
Herr Nesselmann im Verkehr mit Vorgesetzten den aller¬ 
größten Respekt an den Tag legte Seine Memoranda z. B. 
erfreuten sich einer musterhaften Ordnung, die Nummern und 
Register stimmten auf's Haar und alle Ansprachen zeugten 
von Devotion. Bei der Unterschrift fehlte auch niemals der 
vorgeschriebene Respektstrich und die Signatur „Gottfried 
Nesselmann" verrieth einen pflichttreuen Beamten. 
Wie erstaunte er, als ihm kurze Zeit nach der erwähnten 
Nase abermals ein Riechnerv zu Theil wurde! Kopsschütelnd 
wischte er sich die Brille, setzte sie auf, zupfte feinen Kragen 
zurecht, fuhr zweimal durch die Perrücke und las bedächtiq 
nochmals die Epistel. 
Am Schluße des Reskriptes stand Folgendes: „Dero 
Wohlgeboren werden endlich aufmerksam gemacht, daß auch, 
ttzo tn Ihren Memomnöis eine Fahrlässigkeit entdeckt worden 
ist, da in den Ausweisen über die Vorcrimina des Mord¬ 
brenners Aloisie Ruppig nichts zu lesen steht. Das Fasci- 
culum tst binnen 24 Stunden anhero zu senden.
	        
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