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Ein Pfiff war an sein Ohr gedrungen und die Schienen er¬
zitterten leise.
Plötzlich durchzuckte ein Gedanke sein Gehirn. Er rieß
den Rock vom Leibe und den Hut vom Kopfe, nahm aus
diesem sein baumwollenes Sacktuch, zog sein Messer aus dem
Stiefelschacht und bekreuzte sich.
Daun streckte er den linken Hemdärmel auf und stieß
die Klinge oberhalb des Ellbogens in den Arm. In dem
stromweise hervorquellenden Blute tränkte er sein Taschen¬
tuch, entfaltete und band es an die Spitze eines der Weiden¬
stäbe. Er hatte nun, was er brauchte, eine rothe Flagge.
So stand er und schwenkte diese. Der Zug war bereits
in Sicht.
Das Blut fuhr zu fließen fort und Semjon fühlte, wie
seine Sinne zu schwinden begannen. Sein Kopf schwindelte
und' ihm war, als sähe er vor den Augen einen Schwarm
von Mücken tanzen.
Er sah nichts und hörte auch das Getöse des heran¬
brausenden Zuges nicht mehr. Ein einziger Gedanke nur
lebte noch in ihm: „Ich kann mich nicht mehr aufrecht er¬
halten ... ich werde fallen und mit mir die Flagge... der
Zug wird über mich hinweggehen . . . Allmächtiger Gott, ver¬
leihe mir Kraft. . . !"
Da wurde es schwarz vor seinen Augen, die Flagge
entsank seiner Hand und er brach bewußtlos zusammen. Die
blutgedrängte Fahne aber berührte nicht den Boden, denn
eme andere Hand hatte sie ergriffen und schwang sie jetzt
cm rr../11 ^ften kommenden Zuge entgegen. Der
Maschinfuhrer bemerkte das Signal, bremste, gab Contre-
dampf und der Zug war gerettet.
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Die Reisenden stürzten aus den Waggons und bildeten
aufgeregte Gruppen. Man drängte sich heran und sah einen
Mann blutüberströmt, besinnungslos auf den Schienen liegen.
Ein anderer Mann, mit einem blutgetränkten Lappen an
emem Weidenstabe, stand an seiner Seite.
Die ans ihn gerichteten Blicke vermeidend, sagte Wassili:
gehoben " e toar es, der die Schienen aus-