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Eine Frau Katharina Krippel aus der Heinzelmanngass;
klagte einen Herrn Heinrich Schädel, Schneidermeister aus
der Honrovergasss, auf Bezahlung einer Schuldfordernng von
50 fl. — Richter (zum Angeklagten): Sind Sie dieser Frau
50 fl. schuldig? — Angeklagter: Dieser Frau? Das ist
meine Schwiegermutter! — Richter: Das thut nichts zur
Sache, man kann doch auch einer Schwiegermutter Geld
schuldig sein. — Angeklagter: Ich bin ihr aber nichts schuldig;
sie hat mir 50 fl. Mitgift gegeben, als ich ihre Tochter
heirathete. Ich mußte aber nicht nur die Tochter, sondern
auch die Schwiegermutter übernehmen und über die 50 fl.
obendrein einen Schuldschein ausstellen. — Ueber die Mit¬
gift einen Schuldschein — das ist neu. — Angeklagter: Ja,
hier ist der Schuldschein, Herr Richter. — Der Richter nahm
dm in Großfolioformat gehaltenen, mit einem Zweiunddreißig
Kreuzer-Stempel versehenen Schuldschein und brachte denselben
zur Verlesung. Er lautete wörtlich: „Schuldschein, womit
ich Endesgesertigler bestätige, daß ich am hfutigen Tage von
meiner zukünftigen Schwiegermutter Frau Katharina Krippel
50 fl. baat als Mitgift bekommen habe und verpflichte mich,
diese Schuld meiner Schwiegermutter baar zurückzubezahlen,
wenn ich 1. die Schwiegermutter nicht mehr anerkennen sollte;
2. wenn sie mir nicht mehr behagen sollte. Hochachtungsvoll
Heinrich Schädel." Nachdem sich der Heiterkeilsausbruch, der
durch die Ve'lesung dieses classischen Schuldscheines entfesselt
wurde, gelegt hatte, begann der Angeklagte: Run ja, jetzt wo
ich sie so lange erhalten habe, verlangt sie die Mitgift zurück.
— Richter: Lassen Sie uns, Herr Schädel, vor allem hören,
ob Sie eine dieser köstlichen Bedingungen, die Sie einge¬
gangen sind, nicht etwa g Brechen haben. Also zur eisten t
Erkennen Sie diese Frau als ihre Schwiegermutter noch im¬
mer an? — Angeklagter: Freilich, alleweil! — Richter:
Behagt Sie Ihnen noch? Angeklagter (nach einer langen
Panse, während welcher er die Schwiegermutter mit scheuem
Blicke betrachtet): I ... sie behagt mit noch! — Richtet:
Haben Sie sie verstoßen? — Nein, sie ist selbst weg. Ste
kann ja doch wiederkommen. — Klägerin: Ich will aber nicht.
— Richtet: Und Ihre Frau ist nicht gestorben? — Ange¬
klagter: Nein, sie lebt noch. — Richter (zur Klägerin): Unter
diesen Umständen muß ich Ihre Klage bedingungslos ab-