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Proben, die den Vertretern der deutschen und ausländi¬
schen Presse vorgelegt wurden, die barbarischen Dum-
Dum-Geschosse wieder einmal ihre mörderische Rolle.
Besonders sind es die auf die Höhe ihrer Zivilisation
und ihre Menschlichkeit so pochenden Franzosen und
Engländer, die sich nicht gescheut haben, entgegen allem
Völkerrecht (Haager Landkriegsordnung, 23. Abs. le)
solche Geschosse gegen uns zu verwenden. Die ganze
Kulturwelt muß es unserm Kaiser Dank wissen, daß er in
einer an den Präsidenten der Vereinigten Staaten ge¬
richteten Erklärung mit flammenden Worten gegen die
Greuel einer derartigen Kriegsführung lauten Ein¬
spruch erhoben hat. Die Dum-Dum-Geschosse sind eine
derjenigen philanthropischen Erfindungen, mit denen die
Engländer im Verlauf ihrer Kolonialkriege die Welt
beglückt haben. Ihren seltsamen Namen tragen sie nach
einer indischen Ortschaft in
der Nähe Kalkuttas, wo diese
Geschosse ursprünglich her¬
gestellt worden sind. Die
Engländer bedienten sich ihrer
zum ersten Male im so¬
genannten Tschitral - Feld-
znge, als sie mit ihren klein«
kalibrigen Geschossen gegen
den Ansturm der wilden
Gebirgsvölker Kafiriftans
nichts auszurichten vermochten.
Die von einer oder mehreren
Kugeln Getroffenen fochten
oft noch stundenlang fort.
Da sie nun nicht in aller
Eile die Weite des Gewehr¬
laufes ändern konnten, än¬
derten sie das Geschoß der¬
art, daß es beim Austreffen
nicht mehr glatt den Körper
durchschlug, sondern, sich
abplattend ober sich entfal¬
tend, zerrissene ttnb zersetzte
Wunben setzte. Solche Wir¬
kung würbe erreicht, inbem
man ben Bleikern der Ge¬
schosse nur zur Hälfte mit
einem Mantel aus härterem
Metall bekleidete und den
Mantel weiterhin schlitzte;
die zutage liegende Bleispitze
wirkte geradezu sprenggeschoßartig. Später hat man
dann die Form mehrfach verändert, und heute versteht
man unter der Bezeichnung Dum-Dum-Geschosse eigent¬
lich Hohlspitzkugeln, wie solche typische Form auch eine
der hier abgebildeten Kugeln auf weist. Im übrigen ge¬
nügt auch schon ein Abflachen der Geschoßspitze, sowie
ein Anfeilen oder Aufschlitzen des Geschoßmantels an dieser
oder jener Stelle, um dumdumartige Verwundungen
zu erzeugen. Es darf vielleicht hervorgehoben werden,
daß die Kugeln der mobernen Hanbfeuerwaffen für
Kriegszwecke Spitzgeschosse sinb, aus einem Bleikern
bestehenb, bessen Gewicht betn Geschosse den Luftwider¬
stand leicht zu überwinden gestattet, und einem Stahl¬
oder Nickelmantel, dessen Hätte die Durchschlagskraft
des Geschosses wesentlich steigert. Während die Durn-
Dum-Kugel infolge ihrer bis zu explosionsartiger Zer¬
reißung des Bleikerns beim Auftreffen aus Widerstände
führenden Deformierung, wie man sich leicht vorstellen
kann, entsetzliche Verwundungen erzeugt, sind bie Wun¬
ben, bie bie moberne Spitzkugel verursacht, gewöhnlich
ganz glatt unb heilen in ben meisten Fällen geradezu
überraschenb schnell.
* * * Dr. A. Hn.
Beobachtungsstellen.
Im heutigen Feuerkampfe ist Trumpf: „Sehen
und schießen, ohne selbst gesehen zu werden!"
Der Infanterist gräbt sich bis zur Nasenspitze ein, so
daß er nur die Augen zum Zielen und die Hände fürs
Gewehr frei hat. Sogar der stolze Reiter muß, wenigstens
auf unserem westlichen Kriegsschauplatz, recht oft vom
Roß herunter und im Schützengraben das Los des
Fußsoldaten tage-, manchmal wochenlang teilen. Nicht
besser geht es dem Artilleristen, und zwar gleichermaßen
dem „leichten" wie dem
„schweren". Lange vorüber ist
die Zeit, da die Batterie,
im Galopp heranpreschend,
dem Feinde auf 300 Schritt
ihre Kartätschen entgegen¬
spie. Heute muß Barbaras
Jünger seine Geschütze
mit äußerster Ausnutzung
aller Deckungen, welche das
Gelände bietet, für den
Gegner unsichtbar aufstellen,
damit es diesem nicht gelingt,
sie in kürzester Zeit kampf¬
unfähig zu machen; wird er
doch, im feindlichen Lande
fechtend, nur allzu oft von
„patriotischen" Einwohnern,
sowie von den Herren Mctues
oder Cures hinterlistiger¬
weise durch Winke vom Kirch¬
turm oder mit Hilfe ver¬
borgener Fernsprechleitungen
unterstützt.
Natürlich muß eine
verdeckt stehende Batterie ihr
„Auge" haben, um ihre
Schußwirkung beobachten zu
können. Dieses Auge ist die
Beobachtungsstelle. Ihr
Sehnerv, der das Wahrge¬
nommene an den kräftig zu¬
schlagenden Arm — die Geschütze — übermittelt und
damit dem wuchtigen Hiebe seine Richtung gibt, ist die
Fernsprechleitung. Die Linse jenes Auges ist der
Batteriechef mit seinem Scherenfernrohr. Das mensch¬
liche Auge wird durch seine Einlagerung in die knöchernen
Höhlen des Schädels vortrefflich geschützt; man kann
damit den Panzerschutz der Beobachtungsstände in
Festungen vergleichen. Für den Feld- und Stellungs¬
krieg aber hinkt dieser Vergleich: hier fehlen oft Zeit
und Mittel, der Beobachtungsstelle einen besseren Schutz
zu geben als durch möglichst versteckte Lage. Ist nur
wenig Zeit bis zum ersten Schuß, so gilt es, den ersten
besten Punkt zu benutzen, der Übersicht gewährt. Also
hinauf auf den nächsten Hügel, auf den Kirchturm oder
aufs Scheunendach, auch auf die Gefahr hin, daß der
Feind in wenigen Minuten dagegen eingeschossen ist
und uns „wegputzt". Hoffentlich wird er unseren „Hirsch¬
käfer" — so nennt man zuweilen spöttischerweise den
Phot. 81. wrotz, Berlin.
Die völkerrechtswidrigen Dum-Dum-Geschosse in Frankreich unb
Belgien.