Volltext: 82. Heft 1914/16 (82. Heft 1914/16)

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Der Landkrieg in den Dardanellen. 
Nach eigenen Beobachtungen nnd Schilderungen von Mitkämpfern. 
Von Rndolf Zabel. 
Die Engländer und Franzosen hatten sich den Marsch 
auf Konstantinopel leicht gedacht. Der englische General- 
die durch die Befestigungskette von Bulair geschützt ist. 
Logischerweise rechnete die türkische Heeresleitung unter ' 
Liman von Sanders damit, daß der Hauptnachdruck des 
Angusses sich auf diese Stelle richten würde und hielt 
daher ihre Reserven nördlich von Gallipoli in Bereit- 
schast. Wäre eine Festsetzung der Feinde an dieser Stelle 
instruktor der türkischen Flotte, Admiral Limpus, hatte erfolgt/dann wäre die auf Gallipoli stehende Verteidi- 
diese absichtlich aus einem Stande erhalten, der ihr Ein- gungsarmee jedenfalls zu Lande abgeschnitten gewesen, 
greifen in den Krieg nahezu ungefährlich erscheinen ließ. Die Engländer und Franzosen .zogen es indessen vor, 
Die Besatzung der deutschen Kriegsschisse „Goeben" und bei Bulair nur eine Scheinaktion vorzunehmen und 
„Breslau" hatte in den drei ersten Kriegsmonaten verlegten vielmehr den Hauptnachdruck aus die 
bis zum Eingreifen der Türkei in den Küste zwischen Kaba Tepe und Ari Burnu, 
W 
krieg eine geradezu heroische Organi- 
sationsarbeit zu leisten, um die tür¬ 
kische Flotte kampsfähig zu macheu 
Damit haben die Engländer 
nicht gerechnet, als fie an die 
Ausführung ihres ersten 
Planes gingen, auf Kon 
stantinopel zu marschier 
ren. Sie glaubten, es 
würde ihnen gelingen, 
mit einer sehr starken 
Kampfflotte die Dar 
danellen - Befestigun- 
gen niederzukämp- 
sen, und mit den 
80 000 Mann, die 
sie bis Mitte März 
1915 auf den grie¬ 
chischen Inseln be- 
reitgestellt hatten, 
sofort den Marsch 
auf Konstantinopel 
anzutreten. Die Er- 
eigniffe des 18. März, 
an welchem Datum 
die vereinigte Flotte 
ihren Versuch, die Dar- 
danellensorts niederzn- 
kämpfen, mit dem Ver 
lust von vier Kampffchiffen 
und der Außergesechtsetzung 
der meisten anderen beteiligten 
Schiffe hätte büßen müssen, lehrte, 
daß diese Taktik unausführbar war 
Länger als einen Monat brauchten die 
feindlichen Verbündeten, um eine neue 
Aktion vorzubereiten, bei der das Schwer- 
gewicht auf den Landkrieg fallen . sollte. Erst am 
25. April 1915 hatten sie eine nach ihrer Meinung hin- 
reichende Macht an Landtruppen bereit, um diesen 
Versuch wagen zu können. 
Der Plan der Feinde bestand darin, unter dem 
Schutze ihrer weitreichenden Schisssartillerie auf afiati- 
fcher und europäifcher Seite zugleich Truppen zu landen 
und die Dardanellenforts, die fich etwa 20 km vom Ein¬ 
gang der Dardanellenstraße entfernt um die engste Stelle 
Snltaw Mchmcd V.Ghxzi. 
HofPhot. C. Pietzner, Wien. 
am Eingang des Golfs von Saros. 
Diese Stelle liegt genau im Rücken 
der Küstenbefestigungen und bietet 
außerdem strategisch den Vor- 
teil, daß sich hier quer über 
die durch die Gallipoli- 
Halbinsel ziehenden Ge- 
birgsketten eine Einsen- 
kung hinweglegt nach 
den Inneren Darda- 
nellen, die von Meer 
zu Meer nur 8 km 
Durchmesser hat. Die 
zweite bevorzugte 
Landungsstelle bil¬ 
dete die äußerste 
Südwestspitze der 
Gallipoli - Halbin- 
sel bei Kap Helles 
und Sedil - Bahr 
zwischen dem Aga- 
ischen Meer und 
der Morto-Bucht. 
Diese Stelle hatte 
den Vorzug, daß das 
Land von drei Seiten 
aus zu gleicher Zeit im 
Bereich der weittragen- 
den Schiffsgeschütze lag, 
die in der Lage waren, 
ständig iu die Landkämpfe 
einzugreifen und nach erfolgter 
Festsetzung einer Landungstruppe 
das Gebiet durch Sperrfeuer gegen das 
Land hin zu schützen und auf diese Weise 
den Ausbau des Brückenkopfes zu sichern. 
Die dritte ernstliche Landungsstelle lag auf 
der gegenüberliegenden anatolischen Landspitze bei Kum 
Kale, in der Nähe der Ruinen des alten Troja. 
Nachdem die Landungsversuche in der Zeit vom 
25. bis 29. April 1915 an dieser Stelle mit der voll- 
kommenen Vertreibung des Feindes von asiatischer Erde 
geendet hatten, suchten die Engländer in ihren Berichten 
glauben zu machen, daß die Landungsversuche auf afiati- 
scher Seite nur der Deckung und Verschleierung des 
ernsthaften Versuches, bei Kap Helles festen Fuß zu 
sowie um die kleine Sandschak-Hauptstadt Tschanak Kale fassen, gedient hätten. Wenn auch die Trauben in diesem 
gruppieren, von rückwärts anzugreifen. Die Hauptwucht 
des Angriffes sollte auf die europäische Seite, also auf 
die Gallipoli-Halbinsel, fallen. Dieser Plan war deshalb 
begründet, weil die Gallipoli-Halbinsel, da wo sie am 
Festlande ansitzt, nur 4 km Durchmesser mißt vom 
innersten Winkel des Golfs von Saros hinüber nach dem 
Südwestausgang des Marmarameers — eine Landenge, 
Falle fauer waren, so ist es doch Tatsache, daß die Alli- 
ierten den asiatischen Kampfplatz vernachlässigt haben. 
Darin lag unzweifelhaft ein taktischer Fehler. Denn 
eine Landaktion, die sich nicht die Aufrollung der 
Dardanellenbefestigungen von beiden Seiten zugleich 
mit vollem Ernst zum Ziele nahm, trug von vorn- 
herein fchon den Keim des Mißerfolges in sich.
	        
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