Volltext: 7. Heft 1914 (7. Heft 1914)

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Diese Gefahr, infolge eines wohlgezielten Schusses 
plötzlich ins Bodenlose,.zu stürzen, ist dem Flieger stets 
nahe, mögen auch solche Treffer bei der großen Höhe, 
die von den Flugzeugen aufgesucht wird, selten sein. 
O. A. 
* 
Französische Waffen. 
(Aus einem Feldpostbrief.) 
Ganz besondere Schwierigkeiten boten die Über¬ 
gänge über den Marne-Kanal südlich Reimst wo sich die 
Franzosen in einer stark befestigten Stellung befanden. 
Ihre Artillerie, die vorzüglich schoß, weil die Distanzen 
vorher genau abgesteckt waren, befand sich in unterirdisch 
angelegten Räumen aus Zementbeton. Wir sahen 
nichts von den Geschützen und wurden immer an be¬ 
stimmten Stellen von einem Hagel von Schrap¬ 
nells zugedeckt; schließlich kamen auch noch fran¬ 
zösische Flieger hinzu, welche pfeilförmige eiserne 
Geschosse, ungefähr 20 cm lang, in Menge auf uns 
herabwarfen. Ein solches Fliegergeschoß, yorn mit 
einer haarscharfen, langen Spitze, hinten mit vier¬ 
kantigen Rillen, von 2000 Meter Höhe herab¬ 
geworfen, ist imstande, einen Menschen der Länge 
nach zu durchbohren, da es sich infolge seiner 
Gestalt beim Herabwerfen senkrecht einstellt und 
wie ein Pfeil herabsaust. Wir fanden solche Ge¬ 
schosse in Menge. Ein Fesselballon von uns, 
welcher hochgelassen wurde, stellte fest, daß die 
feindliche Artillerie sich nicht davor scheute, aus 
Plätzen, die mit dem Zeichen des roten Kreuzes 
gekennzeichnet waren, zu schießen, ein Beweis der 
nichtswMdigen Kriegführung der Franzosen. Beim 
Hin- und Zurückfluten unserer Linien wurde 
unser Feldwebel verwundet, und er erzählte uns, 
als wir wieder zu ihm herangelangten, daß 
ein französischer Offizier von vorbeipassierenden 
Truppen ihn gefragt habe, ob er ein gemeiner 
Soldat oder Offizier sei, und als er letzteres be¬ 
jahte, auf ihn einen Revolverschuß abgegeben 
habe, der ihn glücklicherweise nur als Streifschuß 
an der linken Seite des Kopfes unerheblich verletzte, 
während er zwei Schüsse im Unterschenkel hatte, 
die ihn am Gehen verhinderten. Während des 
Vorgehens fiel auch unser Kompagnieführer, 
der früher in Afrika bei der Schutztruppe im 
Dienst war, von vier Schüssen in die Brust 
getroffen, während ein anderer Offizier der 
verwundet dalag, bat, ihn vor den mörderischen 
Streifschüssen, welche fortwährend über die Ebene 
fegten, etwas zu schützen, indem wir schnell eine kleine 
Vertiefung gruben, in welche wir ihn betteten. 
Obgleich unsere Verluste groß waren, sind wir doch 
in gehobener Stimmung, in dem Gefühle, für eine heilige, 
große Sache Deutschlands zu fechten, die in ihrer Be¬ 
deutung erst unseren Nachkommen klar werden wird. 
Mit herzlichstem Gruße an alle Lieben. 
Euer 
In Villa „Waldesruh". 
(Aus einem Feldpostbrief.) 
Feuerstellung Br. b. Reims. 
Lieber Freund! Für Ihren Brief besten Dank, ich 
habe mich sehr über die guten Nachrichten aus der 
Heimat gefreut. Bon mir kann ich nur das Beste be¬ 
richten, seit drei Wochen ist meine Batterie vorzüglich 
untergebracht, und wir stehen nichts aus. Wir haben 
uns in. die Erde' eingegraben, und zwar am Rande eines 
Waldes, so daß uns auch die Flieger kaum entdecken 
können. Für uns vier Offiziere haben meine Leute im 
Walde ein kleines Blockhäuschen gebaut, das wir mit 
Holzfußboden, Stofftapeten, Ofen, Tisch, Sofa, Korb¬ 
sesseln, Schränken und Stühlen ganz behaglich einge¬ 
richtet haben, so daß ich auf meine Villa „Waldesruh" 
sehr stolz bin. Abends brennt eine Petroleumlampe 
über unserm runden Tisch, und bei ihrem traulichen 
Schein lesen wir die Zeitungen aus der Heimat oder er¬ 
zählen uns Geschichten. An sonnigen Nachmittagen 
sitzen wir auch wohl vor unserer Villa int Walde, kurzum 
ein reines Idyll, wenn nicht von Zeit zu Zeit die Fran¬ 
zosen ihre eisernen Grüße herüberschickten. So war es 
Ein 
Stahlpfeil 
der fran¬ 
zösischen 
Flieger. 
gestern wieder einmal, und es blieb mir nichts 
anderes übrig, als durch meine Geschütze antworten 
zu lassen und ihnen anzudeuten, daß es mir heute 
nicht Passe. Aber die Rothosen gaben keine Ruhe, 
und es entspann sich ein heftiges Artillerieduell, 
wobei es mir gelang, die feindliche Batterie nach 
einer Stunde zum Schweigen zu bringen. Die 
Franzosen muhten meine Stellung aber auch wohl 
genau kennen, denn ich hatte zwei Volltreffer in der 
Batterie, wodurch zwei meiner Geschütze zeitweilig 
außer Gefecht gesetzt wurden. Da aber die feind¬ 
lichen Granaten direkt vor den Geschützrohren 
eingeschlagen waren, entstand glücklicher- und merk¬ 
würdigerweise nur Materialschaden, von meinen 
Leuten wurde niemand verletzt. 
Erst am Abend trat allgemeine Ruhe ein, und 
um 12 Uhr nachts legte ich mich schlafen, wurde aber 
schon nach einer Stunde wieder geweckt. 80.0 Meter 
vor uns war ein wüstes Gewehrfeuer im Gange, 
Maschinengewehre, Revolverkanonen, elektrische 
Bombenwerfer, alles war in Tätigkeit, ein Höllen¬ 
lärm, der sich nachts noch viel toller anhört als bei 
Tage. Ich habe mich beherrscht und den Krach 
nicht noch vergrößert, da ich auch nachts nur auf 
Befehl der Brigade feuern darf; durch unsere 
Schützenlinien kommen die Franzosen doch nie 
durch. Wenn auch langsam und nur Schritt 
für Schritt, so ist es doch bewundernswert, 
wie weit unsere Infanterie in den Wochen 
des Stilliegens die Schützengräben vorgetrieben 
hat. Sie können sich denken, wie vorsichtig 
sie sich vorarbeiten müssen. Jeder Spatenstich 
wird von den Franzosen belauert, und wenn unsere 
Kerls nur die Nase bei der Arbeit herausstecken, pfeifen 
ihnen die Kugeln um die Ohren. Meist treffen sie aber 
nicht, und dann schwenken unsere Leute schwarz-weiß-rote 
Fähnchen zum Feinde hinüber als Zeichen, daß er vorbei¬ 
geschossen hat. Manchmal ärgert er sich dann so, daß 
er seine Artillerie in Tätigkeit bringt, und dann heißt 
es für unsere Infanterie „rin in die Mauselöcher", die 
sie sich in höchster Vollendung gegraben haben. Von 
solch einer befestigten Feldstellung, die ein Durchbrechen 
des Feindes verhindert, aber ein schnelles Vorgehen 
auch unserer Artillerie, also von Pferden und Wagen, 
nicht hindern soll, können Sie sich kaum eine Vorstellung 
machen, das muß man gesehen haben. Manche Leute 
sind wahre Künstler im Bau von Wohnhöhlen in den 
Schützengräben, und viele dieser Schlaflöcher sind beinahe 
luxuriös eingerichtet, mit Stroh, Decken, Luftkissen und 
sogar mit Portieren. Freilich, schon das, worüber man im 
Manöver entsetzt wäre, findet man im Kriege großartig«
	        
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