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Diese Gefahr, infolge eines wohlgezielten Schusses
plötzlich ins Bodenlose,.zu stürzen, ist dem Flieger stets
nahe, mögen auch solche Treffer bei der großen Höhe,
die von den Flugzeugen aufgesucht wird, selten sein.
O. A.
*
Französische Waffen.
(Aus einem Feldpostbrief.)
Ganz besondere Schwierigkeiten boten die Über¬
gänge über den Marne-Kanal südlich Reimst wo sich die
Franzosen in einer stark befestigten Stellung befanden.
Ihre Artillerie, die vorzüglich schoß, weil die Distanzen
vorher genau abgesteckt waren, befand sich in unterirdisch
angelegten Räumen aus Zementbeton. Wir sahen
nichts von den Geschützen und wurden immer an be¬
stimmten Stellen von einem Hagel von Schrap¬
nells zugedeckt; schließlich kamen auch noch fran¬
zösische Flieger hinzu, welche pfeilförmige eiserne
Geschosse, ungefähr 20 cm lang, in Menge auf uns
herabwarfen. Ein solches Fliegergeschoß, yorn mit
einer haarscharfen, langen Spitze, hinten mit vier¬
kantigen Rillen, von 2000 Meter Höhe herab¬
geworfen, ist imstande, einen Menschen der Länge
nach zu durchbohren, da es sich infolge seiner
Gestalt beim Herabwerfen senkrecht einstellt und
wie ein Pfeil herabsaust. Wir fanden solche Ge¬
schosse in Menge. Ein Fesselballon von uns,
welcher hochgelassen wurde, stellte fest, daß die
feindliche Artillerie sich nicht davor scheute, aus
Plätzen, die mit dem Zeichen des roten Kreuzes
gekennzeichnet waren, zu schießen, ein Beweis der
nichtswMdigen Kriegführung der Franzosen. Beim
Hin- und Zurückfluten unserer Linien wurde
unser Feldwebel verwundet, und er erzählte uns,
als wir wieder zu ihm herangelangten, daß
ein französischer Offizier von vorbeipassierenden
Truppen ihn gefragt habe, ob er ein gemeiner
Soldat oder Offizier sei, und als er letzteres be¬
jahte, auf ihn einen Revolverschuß abgegeben
habe, der ihn glücklicherweise nur als Streifschuß
an der linken Seite des Kopfes unerheblich verletzte,
während er zwei Schüsse im Unterschenkel hatte,
die ihn am Gehen verhinderten. Während des
Vorgehens fiel auch unser Kompagnieführer,
der früher in Afrika bei der Schutztruppe im
Dienst war, von vier Schüssen in die Brust
getroffen, während ein anderer Offizier der
verwundet dalag, bat, ihn vor den mörderischen
Streifschüssen, welche fortwährend über die Ebene
fegten, etwas zu schützen, indem wir schnell eine kleine
Vertiefung gruben, in welche wir ihn betteten.
Obgleich unsere Verluste groß waren, sind wir doch
in gehobener Stimmung, in dem Gefühle, für eine heilige,
große Sache Deutschlands zu fechten, die in ihrer Be¬
deutung erst unseren Nachkommen klar werden wird.
Mit herzlichstem Gruße an alle Lieben.
Euer
In Villa „Waldesruh".
(Aus einem Feldpostbrief.)
Feuerstellung Br. b. Reims.
Lieber Freund! Für Ihren Brief besten Dank, ich
habe mich sehr über die guten Nachrichten aus der
Heimat gefreut. Bon mir kann ich nur das Beste be¬
richten, seit drei Wochen ist meine Batterie vorzüglich
untergebracht, und wir stehen nichts aus. Wir haben
uns in. die Erde' eingegraben, und zwar am Rande eines
Waldes, so daß uns auch die Flieger kaum entdecken
können. Für uns vier Offiziere haben meine Leute im
Walde ein kleines Blockhäuschen gebaut, das wir mit
Holzfußboden, Stofftapeten, Ofen, Tisch, Sofa, Korb¬
sesseln, Schränken und Stühlen ganz behaglich einge¬
richtet haben, so daß ich auf meine Villa „Waldesruh"
sehr stolz bin. Abends brennt eine Petroleumlampe
über unserm runden Tisch, und bei ihrem traulichen
Schein lesen wir die Zeitungen aus der Heimat oder er¬
zählen uns Geschichten. An sonnigen Nachmittagen
sitzen wir auch wohl vor unserer Villa int Walde, kurzum
ein reines Idyll, wenn nicht von Zeit zu Zeit die Fran¬
zosen ihre eisernen Grüße herüberschickten. So war es
Ein
Stahlpfeil
der fran¬
zösischen
Flieger.
gestern wieder einmal, und es blieb mir nichts
anderes übrig, als durch meine Geschütze antworten
zu lassen und ihnen anzudeuten, daß es mir heute
nicht Passe. Aber die Rothosen gaben keine Ruhe,
und es entspann sich ein heftiges Artillerieduell,
wobei es mir gelang, die feindliche Batterie nach
einer Stunde zum Schweigen zu bringen. Die
Franzosen muhten meine Stellung aber auch wohl
genau kennen, denn ich hatte zwei Volltreffer in der
Batterie, wodurch zwei meiner Geschütze zeitweilig
außer Gefecht gesetzt wurden. Da aber die feind¬
lichen Granaten direkt vor den Geschützrohren
eingeschlagen waren, entstand glücklicher- und merk¬
würdigerweise nur Materialschaden, von meinen
Leuten wurde niemand verletzt.
Erst am Abend trat allgemeine Ruhe ein, und
um 12 Uhr nachts legte ich mich schlafen, wurde aber
schon nach einer Stunde wieder geweckt. 80.0 Meter
vor uns war ein wüstes Gewehrfeuer im Gange,
Maschinengewehre, Revolverkanonen, elektrische
Bombenwerfer, alles war in Tätigkeit, ein Höllen¬
lärm, der sich nachts noch viel toller anhört als bei
Tage. Ich habe mich beherrscht und den Krach
nicht noch vergrößert, da ich auch nachts nur auf
Befehl der Brigade feuern darf; durch unsere
Schützenlinien kommen die Franzosen doch nie
durch. Wenn auch langsam und nur Schritt
für Schritt, so ist es doch bewundernswert,
wie weit unsere Infanterie in den Wochen
des Stilliegens die Schützengräben vorgetrieben
hat. Sie können sich denken, wie vorsichtig
sie sich vorarbeiten müssen. Jeder Spatenstich
wird von den Franzosen belauert, und wenn unsere
Kerls nur die Nase bei der Arbeit herausstecken, pfeifen
ihnen die Kugeln um die Ohren. Meist treffen sie aber
nicht, und dann schwenken unsere Leute schwarz-weiß-rote
Fähnchen zum Feinde hinüber als Zeichen, daß er vorbei¬
geschossen hat. Manchmal ärgert er sich dann so, daß
er seine Artillerie in Tätigkeit bringt, und dann heißt
es für unsere Infanterie „rin in die Mauselöcher", die
sie sich in höchster Vollendung gegraben haben. Von
solch einer befestigten Feldstellung, die ein Durchbrechen
des Feindes verhindert, aber ein schnelles Vorgehen
auch unserer Artillerie, also von Pferden und Wagen,
nicht hindern soll, können Sie sich kaum eine Vorstellung
machen, das muß man gesehen haben. Manche Leute
sind wahre Künstler im Bau von Wohnhöhlen in den
Schützengräben, und viele dieser Schlaflöcher sind beinahe
luxuriös eingerichtet, mit Stroh, Decken, Luftkissen und
sogar mit Portieren. Freilich, schon das, worüber man im
Manöver entsetzt wäre, findet man im Kriege großartig«