Volltext: 58. Heft 1914/15 (58. Heft 1914/15)

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Befreier sah. Sogar der „Avanti" meldet Ende Juni, 
die Italiener fänden in den „befreiten" Orten nicht 
die Aufnahme, die sie hätten erwarten dürfen. 
Kurz — die Eroberung der friedlichen Bevölkerung 
schien sich ebenso schwierig anzulassen wie die Eroberung 
der österreichischen festen Verteidigungsstellungen 
* * 
* 
Die Schwierigkeiten für Italien nahmen 
zu. Im Landkriege vergeblicher Ansturm, Hinopferung 
der Blüte des Volkes, keine Sicherheit auf dem Meer 
und an den Küsten, dazu die Erkenntnis, daß ein 
großer Teil der Bevölkerung, in den erlösten oder noch 
zu erlösenden Gebieten die sogenannten Befreier ver¬ 
wünschte, und endlich ein Mangel an Opfersinn und 
Sorge um die Beschaffung der Mittel. Die 
Rüstnngsanleihe im Januar 1915 hatte etwa eine Milliarde 
ergeben; nur mit Mühe wurde derselbe Betrag bei der 
zweiten Anleihe im Juli erzielt. Man hofste auf 
England, aber die dortigen Bankiers stellten allzuharte 
Bedingungen für eine größere Anleihe. Auf die Ver¬ 
pfändung der Zolleinnahmen wollte man sich denn doch 
in Italien nicht ein¬ 
lassen. Durch kleine 
Finanzoperationen 
in England und 
Amerikasuchte man 
die Lage zu ver¬ 
bessern oder hinzu¬ 
halten, und endlich 
mußten im Herbst 
sehr empfindliche 
Kriegssteuern ein¬ 
geführt werden. 
Eine neue Anleihe 
im Jnlande schien 
nach den gemachten 
Erfahrungen aus¬ 
geschlossen, beson¬ 
ders da der Kurs 
der Januaranleihe 
schon im Sommer 
immer mehr sank. 
So zeigten sich 
überraschend schnell 
die Folgen einer 
verfehlten Politik 
und der Über¬ 
schätzung der eige¬ 
nen Kraft. Dazu 
kam noch das Un¬ 
glück einer schlech¬ 
ten Ernte. Schwere 
Betrügereien im 
Lieferungswesen' 
für das Heer 
wurden festgestellt. 
Spaten, Hacken, 
Äxte zerbrachen, 
weil sie anstatt aus 
Stahl ausGußeisen 
hergestellt waren; 
die großen Mengen 
von Leder im Flo¬ 
rentiner Militärde¬ 
pot erwiesen sich 
als gepreßter Filz. 
Die Geldnöte Italiens würden vielleicht erhöhte Be¬ 
achtung seitens Englands erfahren haben, wenn die ita¬ 
lienische Regierung sich zu kräftigem Eingreifen im 
Orient, besonders an den Dardanellen, hätte entschließen 
können. Hierzu war aber keine Neigung vorhanden, und 
besonders General Cadorna wehrte sich gegen jede Zer¬ 
splitterung. Immerhin kam es am 21. August zur Kriegs¬ 
erklärung an die Türkei unter dem Vorwande, daß 
türkische Offiziere in Tripolis tätig feien, und die Ita¬ 
liener in der Türkei schlecht behandelt und wider¬ 
rechtlich im Lande zurückgehalten würden. 
In Tripolis sah es allerdings schlecht genug für die 
Italiener aus. Sie wurden aus dem Innern ganz an 
einige Orte der Küste getrieben; die Städte Tripolis, 
Zunra und Harns hielten sich, die italienische Besatzung 
von Nalut mußte vor den Aufständischen über die Grenze 
nach Tunis flüchten. Aber auch jetzt sandte Italien keine 
Truppen an die Dardanellen; man wagte es, dem Druck 
der Alliierten, besonders Englands, zu widerstehen und 
hatte dabei die Volksstimmung für sich, ein neuer Krieg 
gegen die Türkei war im Lande sehr unpopulär, nachdem 
erst vor kurzem die 
Eroberung Tripoli- 
taniens (Libyens) 
so viel Opfer an 
Blut und Geld ge¬ 
kostet hatte. 
JmMonat Sep¬ 
tember konnte der 
lignrische Senator 
Ricci in der rö¬ 
mischen „Tribuna" 
schreiben, daß die 
im Mai zur Ver¬ 
anstaltung des 
Kriegsgeschreis auf 
die Straße ge¬ 
schickte Volksmenge 
über die Schwierig¬ 
keiten des Krieges 
getäuscht worden 
sei, und überhaupt 
Kriege nur geführt 
werden dürften, 
wenn sie wirklich 
unumgänglich ge¬ 
wordenseien. Na¬ 
türlich war das 
nichtdieallgemeine 
Stimmung, jeden¬ 
falls aber die eines 
recht großen Teiles 
der Bevölkerung. 
* * 
* 
Nachdem die 
beiden Jsonzo- 
schlachten eine ge¬ 
wisse Erschlaffung 
in der italienischen 
Kriegführung her¬ 
vorgerufen hatten, 
ohne daß es aber 
zu einem Stillstand 
der Operationen 
gekommen, wäre, 
steigerten sich die 
Eine starke italienische Kavallerieabteilung wird bei Canale durch österreichisch- 
ungarisches Maschinengewehrfeuer über den Jsonzo zurückgeworfen. 
Gezeichnet von Fr. Kaskeline.
	        
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