Volltext: 4. Heft 1914 (4. Heft 1914)

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Mittel zur Verfügung ist und wenn sonst Gefahr für 
das Leben und die Sicherheit unserer Truppen bestehen 
würde, in seltenen Fällen und in ganz beschränktem 
Umfange, wider Gefühl und Neigung, auch die Zer¬ 
störungsart Nr. 3. 
Der Russe greift skrupellos zu jeder Sorte von 
Zerstörungen und kann als Meister darin gelten. Für 
ihn ist die systematische Vernichtung von fremdem Besitz 
und Werten jeder Art ein unentbehrliches und selbst¬ 
verständliches Mittel der Kriegführung. Die Geschichte 
kennt keinen russischen Feldzug ohne grausame Ver¬ 
wüstungen in riesigem Umfange. Dieser asiatische Zug, 
der bei anderen Völkern des Ostens weniger stark hervor¬ 
tritt, den manche sogar abgestreift haben, ist bis zum 
heutigen Tage bei den Russen unverändert geblieben; 
ja, er wird so¬ 
gar von der 
Heeresleitung 
eifrig gepflegt. 
Schon der Re¬ 
krut wird in der 
Ausführung 
von Zerstö¬ 
rungsarbeiten 
eingehend 
ausgebildet. 
Wehe dem Sol¬ 
daten, der mit 
der Verwüstung 
eines Hauses 
oder Gehöftes 
beauftragt ist, 
wenn der prü¬ 
fende Unteroffi¬ 
zier nach Aus¬ 
führung der Ar¬ 
beit noch brauch- 
bareSachen vor¬ 
findet ! Kunst¬ 
gerecht werden 
alle Zimmer- 
und Schrank¬ 
türen durch den 
immer gleichen 
Axthieb neben 
dem Türschloß 
geöffnet, und 
dann beginnt 
das eigentliche 
Zerstörungswerk, dem alles zum Opfer fällt. 
Als gegen Mitte September unsere braven ost¬ 
preußischen Eisenbahnbeamten aus ihrer kurzen Ver¬ 
bannung zurückkehrten, fanden sie in ihren bescheidenen 
Privatwohnungen nichts mehr benutzbar. Mit hellem 
Zorn und tiefer Betrübnis fahen sie das letzte Kinder- 
hemdchen in Streifen geschnitten, den letzten Topf zer¬ 
trümmert, die Betten verbrannt, die wenigen Bilder 
zerrissen, kurz alles vernichtet. 
Im königlichen Hauptgestüt Trakehnen, das 
glücklicherweise seine wertvollen Pferde rechtzeitig ge¬ 
rettet hatte, waren die Russen nach den ersten Axt¬ 
hieben gestört und vertrieben worden. Einem anderen 
Bericht zufolge hatte ein rufsischer Befehlshaber das 
weitere Zerstörungswerk verboten, weil er im Geiste 
schon das Gestüt als einen Bestandteil des russischen 
Gouvernements Ostpreußen oder aber noch lieber als 
In Varennes: Franktireurs, die deutsche Stellungen verraten haben. 
seinen eigenen Privatbesitz in Gestalt einer wohlver¬ 
dienten Dotation sah. 
Von den grausamen Vernichtungen ganzer Städte, 
Dörfer, Schlösser und Ansiedlungen haben die Zeitungen 
wohl genügend berichtet. Aber vielleicht ist es nicht 
allgemein bekannt geworden, daß ein russischer General 
— deutscher Abkunft! — mit rücksichtsloser Strenge und 
großem Erfolge allen unnötigen Zerstörungen und allen 
Plünderungen entgegengetreten ist: der General 
Rennenkampf. 
Wie weit hierbei Menschenfreundlichkeit, deutsches 
Empfinden und Gerechtigkeitssinn, oder wie weit 
kühle Berechnung, Blick in die Zukunft und Eigennutz 
dabei mitgewirkt haben mögen, das vermag jetzt noch 
niemand zu sagen. Es ist Tatsache, daß der General 
beim Rückzüge 
der Russen aus 
Ostpreußen 
seinem Quar¬ 
tierwirt „Auf 
Wiedersehn!" 
zugerufen, und 
daß er baldiges 
Wiederein¬ 
treffen seiner 
Armeein sichere 
Aussicht gestellt 
hat. Von seinen 
freundlicheren 
Gefühlen weiß 
die weibliche Be¬ 
völkerung, na¬ 
mentlich ein 
Hotel-Zimmer- 
mädchen, zube¬ 
richten. — Wie 
dem aber auch 
sei: daß Handel 
und Wandel in 
manchen ost¬ 
preußischen 
Städten erhal¬ 
ten geblieben 
ist, verdanken 
diese dem 
„ Landsmann" 
Rennenkampf. 
H.-T. 
Im Kampf mit Panzerzügen. 
Es scheint, daß nicht nur sämtliche Völker der Erde, 
sondern auch sämtliche technische Errungenschaften in den 
unmittelbaren Dienst dieses über alle Begriffe unge¬ 
heuren Krieges gestellt werden sollen. 
Daß die Eisenbahn ein wichtiges Kriegsinstrument 
ist, indem fie den Aufmarsch der Truppen, ihre Ver- 
fchiebung über weite Räume, ihre Versorgung mit 
Lebensmitteln, Munition, und allem Kriegsbedarf erst 
ermöglicht, braucht nicht hervorgehoben zu werden. Jetzt 
aber tritt sie selbst als Masse, als kleine fahrbare Festung, 
auf und greift unmittelbar in das Gefecht ein. Etwas 
völlig Neues freilich ist auch das nicht. Schon längst hat 
man Züge durch Panzerung gegen feindliche Geschosse 
gesichert und durch darin untergebrachte Infanterie- 
abteilungen und Schnellfeuergeschütze gesechtsfahig ge¬ 
macht. In dieser Form werden sie als eine Art Patrouillen
	        
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