Volltext: 36. Heft 1914/15 (36. Heft 1914/15)

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Karpathenrückenshinab. Der 
Schneezischtauf und zeichnet 
inmitten des Hexentanzes 
weißer Flocken immer neue, 
rasch zerstiebende Konturen. 
Wir andern wollen der Spur 
der Brettlbewehrten folgen, 
doch sie ist nicht mehr vor¬ 
handen; neue Stürme haben 
sie verweht. Also vorwärts 
ohne Spur, ohne Pfad! Die 
ersten stürzen, die nächsten 
sausen, alle winden sich in 
Atemnot. Und doch — es 
muß sein! 
Oben das Verderben, 
unten das Heil für uns und 
das Regiment, das unser 
harrt. Drum vorwärts, 
immer vorwärts! Einer 
bricht in verschneiter Mulde 
ein, ein anderer fährt 
mit niedergehenden Schnee- 
massen ab, ein dritter bricht 
mit verstauchtem Knöchel 
zusammen. Ich leite die 
Blessiertenträger zu ihm. 
Meine Stimme durchdringt 
nicht das Brüllen des Stur¬ 
mes. Da hält einen Augen¬ 
blick die Natur in ihrem un- . 
beschreiblichen Rasen inne, 
und ich höre in meiner 
Nähe: „Das sollen uns die 
Russen nachmachen!" Die 
letzten Silben verwehen be¬ 
reits im erneuten Aufschrei 
der gepeinigten Berge— 
Endlich landen wir bei 
einer Sägemühle nahe der 
Wetlina. Das Bataillon ist 
kaum zu erkennen. Es 
trägt natürliche Schnee¬ 
masken, von den Bärten 
hängen Eiszapfen nieder. 
Doch nur wenige fehlen 
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Karte zu den Kämpfen zwischen Arras—Neuve-Chapelle. 
Sie werden kommen; Offiziere und Blessiertenträger 
sind noch um sie bemüht in dieser Sturmesnot. Am 
folgenden Tage vereinigen wir uns mit dem Regiment; 
wenig später fechten die Wackeren, Unbezwingbaren 
bereits ihren ersten Strauß mit den Russen aus. 
* * 
* 
Nachtmarsch. 
(Aus einem Feldpostbrief.) 
Nach vier Tagen anstrengendem Dienst im Schützen¬ 
graben winkte uns eine ebenso lange Ruhezeit in N.. 
einem unversehrten Städtchen hinter der Front — oder 
wenigstens die Hoffnung auf Ruhe; denn im Kriege läßt 
sich nichts im voraus bestimmen, am wenigsten die Ruhe¬ 
tage. Die Franzosen hatten uns die vier Tage leicht ge¬ 
macht und nachts mehr Leuchtkugeln als blaue Bohnen 
verschossen. Aber gerade die Stille ist nervenaufreibend; 
denn man weiß nie, ob nicht der Sturm gerade dann 
folgt, wenn man anfängt, sich in Sicherheit zu wiegen. 
Einhundertfünfzig Augenpaare meiner Grenadiere hatten 
also vier Nächte hintereinan¬ 
der die tiefschwarze Finster¬ 
nis zu durchbohren versucht, 
ohne doch weiter als bis zum 
Drahthindernis dicht vor der 
Front dringen zu können. 
Sie mußten sich auf ihren im 
Laufe des Stellungskrieges 
geschärften Instinkt, auf ihr 
gutes Gehör und die Wach¬ 
samkeit der Horchposten vor 
dem Graben verlassen. 
Endlich war die Ablö¬ 
sung da. Lautlos traten die 
Nachfolger an die Plätze 
meiner Leute, um sich erst 
nach Stunden an diese beklem¬ 
mende Finsternis der Nächte 
vor Neumond zu gewöh¬ 
nen. Auch die französischen 
Leuchtkugeln, die sekunden¬ 
lang in der Luft zu hängen 
schienen, warfennur einmat¬ 
tes Licht auf den Erdboden, 
auf dem die eigentliche Ge¬ 
fahr drohte. Wohl aber ge¬ 
fährdeten sie meine Leute, 
die jetzt in kleinen Trupps 
den Graben verließen, um 
querfeldeindienächsteStraße 
zu erreichen. Erkannte der 
Feind die geringste Bewe¬ 
gung, so warf er sofort Gra¬ 
naten auf die Verbindungs¬ 
wege, auf die er nach der Kar¬ 
te genau eingeschossen war. 
Auch Infanterie und Maschi¬ 
nengewehre konnten dasgan- 
ze deckungslose Gebiet hin¬ 
ter dem Graben bestreichen. 
Ich schloß mich einer 
Gruppe an und kroch aus 
dem Graben. Die Finsternis 
legte sich wie ein festes Band 
vor die Augen. Ein Festhal¬ 
ten der Richtung war fast 
unmöglich. Der Vordermann verschwand schon auf einen 
Schritt Abstand im schwarzgrauen Dunst. Darum galt 
es, scharf aufzublicken und dem Glück zu vertrauen. 
Hinter der Stellung erschwerten verlassene Schützen¬ 
gräben, Telephon- und Stacheldrähte, verlassene Erd¬ 
deckungen, Flaschenreste und Konservenbüchsen das Vor¬ 
wärtskommen. Stolpern war unvermeidlich. Da, wieder 
eine Leuchtkugel! Die Leute standen wie angegossen. Hin¬ 
werfen auf den Boden, wie es bei allen Bewegungen gegen 
den Feind vorgeschrieben ist, würde im Trupp zu viel 
Lärm verursachen. Langsam, aufreizend langsam löste 
sich die Leuchtpatrone in einzelne Funken auf, auch im 
Absterben noch immer-Tageshelle verbreitend. Die 
wenigen Sekunden wurden zu Minuten atemloser 
Spannung. Würde ein vernichtender Schrapnellhagel 
folgen? Das Blitzen eines Gewehrlaufes, der Lichtreflex 
auf einem blanken Kochgeschirr oder Trinkbecher konnte 
der Kompagnie Verderbe:: bringen. Aber alles blieb 
ruhig. Hinter dem nächsten Dorf, außerhalb des feind¬ 
lichen Maschinengewehrfeuers, aber noch im Bereich der
	        
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