Volltext: 31. Heft 1914/15 (31. Heft 1914/15)

Hofphot. Kühlewindt, Königsberg. 
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Rawka und Bzura als entscheidenden Angriffspunkt 
blickte, zog sich, von niemand geahnt, die unheilvolle 
Heereswolke in Ostpreußen zusammen. Ein Teil der 
russischen Garde und der Kosaken wurde außerdem 
gerade zu der Zeit zurückgezogen, um der Unruhen in 
Petersburg und anderen Städten des inneren Rußlands 
Herr zu werden. 
„In Ostpreußen keine Veränderung", so lautete 
den Januar hindurch fast täglich der Bericht des deutschen 
Hauptquartiers und schläferte die 
Aufmerksamkeit der russischen 
Heeresleitung für diesen Kriegs¬ 
schauplatz allmählich ein. Am 8. 
und 9. Februar wurden vomdeut- 
schen Hauptquartier dort bereits 
„einige kleinere für uns erfolg¬ 
reiche Zusammenstöße von ört¬ 
licher Bedeutung" gemeldet. 
Schon am 10. Februar „ent¬ 
wickelten sich die vereinzelten Ge¬ 
fechte an der ostpreußischen 
Grenze zu Kampfhandlungen 
von größerem Umfange. Ihr 
Verlauf ist überall normal." 
Diese Meldung des Großen 
Hauptquartiers ist bezeichnend; 
es war eine echt Hindenburgsche 
Operation, die hier so „normal" 
verlief, indem nämlich der 
völlig vernichtet wurde. 
Sehr wichtig war das Wetter 
für die Operationen im dieser 
wasserreichen und wegearmen 
Gegend. Die Seen und Sümpfe 
waren im Januar fest zugefroren, 
so daß sie auch für schwere Ar¬ 
tillerie passierbar wurden. Anfang Februar fetzten große 
Schneefälle mit Oststurm ein, die Wege waren an 
vielen Stellen verweht, der Kraftwagenverkehr ausge¬ 
schaltet; aber die zahlreichen bereitgestellten Schlitten 
und Schlittenkufen der deutschen Heeresverwaltung ver¬ 
mochten alle diese Schwierigkeiten zu überwinden. 
Die deutsche Heerführung suchte den taktischen Erfolg 
durch einen Stoß gegen beide russische Flügel herbei¬ 
zuführen. Und zwar setzte der Südangriff, den 
General von Below leitete, früher ein, um einen Vor¬ 
sprung zu erlangen, weil er in den Verhauen des Jo¬ 
hannisburger Forstes und im Überschreiten des aus der 
General der Infanterie Otto von Velow. 
Seenplatte nach Süden abströmenden Pisseck, der auf 
russischem Boden als Pissa in den Narew mündet, beson¬ 
dere Schwierigkeiten finden mußte. In aller Stille brachen 
zwei Kolonnen, die südliche unter General Litzmann, die 
nördliche unter General von Falch gegen die Pissecklinie 
vor. Der Gegner wurde vondiesemplötzlichen Vorstoß völlig 
überrascht. In raschem Ansturm wurden die Drahtverhaue 
in dem Forste gestürmt; eine aus Kolno gegen die rechte 
deutsche Flanke anrückende Kolonne wurde rasch geworfen; 
Johannisburg, das zwei russische 
Regimenter zu verteidigen such¬ 
ten, genommen; am 8. Februar 
war die ganze Pisfecklinie in 
deutscher Hand, 2100 Gefangene, 
13 Geschütze, 14 Maschinenge¬ 
wehre, zahlreiche Munitions¬ 
kolonnen und sonstiges Material 
waren die erste Beute. Am 
9. begann der Vormarsch auf 
Lyck und erreichte noch an diesem 
Tage Bialla, wo 300 Russen 
gefangen wurden. 
Der rechte russische Flügel 
dehnte sich von der russischen 
Grenze über den Nordrand des 
Schoreller Forstes bis Spullen. 
Nordangriff unter Gene¬ 
raloberst von Eichhorn sollte hier 
etwas später einsetzen, um der 
bei Johannis¬ 
lassen. Aber schon 
8. Februar machte 
des deutschen Vor¬ 
stoßes Johannisburg—Lyck ein 
Abströmen des Feindes bemerk¬ 
bar. Trotzdem die Artillerie und 
ein Teil der Maschinengewehre der schlechten Wege halber 
noch nicht heran waren, entschloß sich Generaloberst von 
Eichhorn zum Angriff. Am 9. war die russische Stellung 
in unseren Händen. In wilder Flucht gingen die Russen, 
in südöstlicher Richtung zurück, der Angreifer folgte in 
Gewaltmärschen in breiter Front und erreichte am 10. die 
Linie Pillkallen—Wladislawow, am 11. die große Straße 
Stallupönen—Wilkowyschki, am 12. Februar standen die 
deutschen Verfolgungskolonnen in der Linie Wizajny— 
Kalwarsa—Mariampol, also überall auf russischem Boden. 
Mit jedem Schritt mehrte sich die Auflösung der 
russischen Truppen und die Beute der Verkolger. Bis 
Schlittenpark bei Gerdauen in Ostpreußen. 
Hofphot. Kühlewindt, Königsberg.
	        
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