Panorama von Tsingtau, vom Gouvernementshügel aus gesehen.
Der Krieg in den Kolonien.
Von Vizeadmiral z. D. Kirchhofs.
L
Gänzlich unabhängig von dem Krieg gegen den zunutzen, um auf dem nahen Festlandsgebiet in China Fuß
Handel spielte sich der übrige Krieg in Übersee, in zu fassen; reine, selbstsüchtige Machtpolitik, nichts weiter,
unseren Schutzgebieten, den Kolonien ab. Entsprechend Japan hat es sich aber längere Zeit reiflich überlegt,
der Lage und Ausdehnung unserer Schutzgebiete und ob und wie es vorgehen solle. Lediglich auf starkes eng¬
gemäß ihrer verschieden gestalteten militärischen Hilfs- lisch es Drängen hin hat es sich zu Anfang bereit erklärt,
quellen ist der Auslandskrieg unserer Gegner gegen uns zu handeln. Kurz nach dem unwürdigen Auftreten
hier und dort ein ganz verschiedenartiger gewesen. Deutscher in Berlin, die Japaner wegen vermeintlicher
In erster Linie nahm natürlich England daran teil, Hilfeleistung für. uns unter lauten Jubelrufen auf die
unterstützt von seinen Dominions, dem vom Mutterland Schultern hoben, erfolgte plötzlich und vielfach geheim
fast ganz unabhängigen Australien und Südafrika. Auch die Flucht der Gelben aus Deutschland, von denen
aber noch viele, die ihre Ver¬
pflichtungen nicht erfüllt hatten,
an der Grenze gefaßt wurden.
Am 20. August 1914 erfolgte in
Berlin, fast unvermittelt, die fol¬
gende Bekanntmachung: „Der
hiesige japanische Geschäftsträger
hat im Auftrage seiner Regierung
dem Auswärtigen Amt eine Note
übermittelt, worin unter Be¬
rufung auf das englisch-japanische
Bündnis die sofortige Zurück¬
ziehung der deutschen Kriegs¬
schiffe aus den japanischen und
chinesischen Gewässern oder die
Abrüstung dieser Schiffe, ferner
bis zum 15. September die be¬
dingungslose Übergabe des ge¬
samten Pachtgebietes von Kiaut-
schou an die japanischen Behörden
und die unbedingte Annahme
dieser Forderungen bis zum 23.
d. M. verlangt wird."
Ein einziger Schrei der Ent¬
rüstung durchhallte ganz Deutsch¬
land, einersolchen unverschämten,
beispiellos dastehenden Forderung
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das indische Kaiserreich stellte an
mehreren Orten Hilfskräfte und
stärkere Truppenteile nebst allem
erforderlichen Kriegsmaterial.
Sonst haben noch Frankreich in
Westafrika sowie Japan in Ost¬
asien mitgeholfen.
Es wurde bereits früher dar¬
gelegt, wie sich Japan gänzlich im
Unrechtbefand als esinKiautschou
einfiel, um uns Tsingtau fortzu¬
nehmen; denn die Kreuzer der
ostasiatischen Station hatten sich
bald nach Kriegsbeginn aus dem
Stationsbereich entfernt, so daß
von einem Vorgehen gegen den
englischen Handel und die eng"
lische Schiffahrt in Ostasien und
damit von einer Störung der
Friedenslage überhaupt nicht
mehr die Rede sein konnte. Der
Bündnisvertrag mit England war
somit für das Vorgehen Japans
nicht maßgebend. Der Kriegs¬
grund war einzig und allein: die
günstige Gelegenheit des Fest-
liegens aller Europamächte aus-
Phot. Ferd. Urbahns, Kiel.
Kapitän zur See Meyer-Waldeck,
Gouverneur von Kiautschou
Der Krieg 1914/15. I.