Volltext: 25. Heft 1914/15 (25. Heft 1914/15)

war eine zu gewaltige, als daß die Deutschen nutzlos lebnisse einigermaßen, so gut wie möglich, schildern zu 
das für die Operationen hier im übrigen durchaus können. Seit -Montagabend (15. Februar 1915) befanden 
belanglose Örtchen hätten dauernd halten können. Der wir uns im Schützengraben. Die Nacht verlief ruhig; 
Abend sah die Engländer im Besitze Neuve - CHapeÄ-es am folgenden Morgen aber, es war um 8 Uhr, da er- 
und eines Teils des Labyrinths von Laufgräben in öffneten die Franzosen ein heftiges, ja entsetzliches 
einer Ausdehnung von etwa 3 bis 4 Kilometern Front ArtilleriefeMr und beschossen mit ihren Granaten unseren 
und etwa 1 Kilometer vor der ursprünglichen deutschen SchützengrabeA.- , Überall, wohin wir auch liefen, um 
Verteidigungslinie. Mit großsprecherischen Phrasen Schutz zu suchen, schlkitzey die Granaten ein, und bald 
drahtete French diesen „bedeutenden Sieg" nach London; war der Graben mit Toten ‘und... Verwundeten gefüllt, 
der Jubel dort war unbeschreiblich — es war ja eigent- Wir flüchteten, auf dem Bauche kriechend, in die Lauf- 
lich der erste wirkliche Sieg der Engländer in diesen grüben, da wir vor dem Artilleriefeuer nicht mehr stand¬ 
erstenacht Monaten des Krieges —; aber nur zu bald halten konnten. Dies benutzten die Franzosen, um 
sollte die Ernüchterung folgen. unseren Schützengraben zu stürmen. Nun hieß es: 
Schon am Morgen des 11. März gingen die Deutschen „Seitengewehr pflanzt auf! Los, zurück, unser Schützen- 
zum Gegenangriff vor, obwohl die inzwischen durch graben muß gerettet werden!" Wir rannten todes^ 
mehrere Divisionen verstärkten Engländer nach wie vor verachtend zurück, und nun giug's Mann auf Mann. Ich 
ihnen an Zahl ganz bedeutend überlegen waren. Tag setzte alle meine Kräfte ein; mein Gewehr war noch mit 
für Tag erfolgten weitere deutsche Vorstöße, alle mit unge- fünf Kugeln versehen, die ich auch mit Erfolg abfeuerte, 
Heuren Verlusten für den Gegner verbunden, und wenn und dann begann für mich auch ein Zweikampf. Ich 
es uns schließlich doch nicht gelang, das verlorene Terrain hatte einen Franzosen.vor mir, lang, mager, mit Spitz¬ 
sogleich in seiner ganzen Ausdehnung wiederzunehmen, bart; ich rannte ihm entgegen, in größter Wut ging's 
so führen das selbst die Gegner auf die durch das tagelang drauf, ich parierte, seinen Stoß und fuhr ihm mit meinem 
hin und her wogende Kampfgetümmel bedingte Un- russischen Bajonett in den Leib hinein; ich war gerettet. 
Möglichkeit der Zufuhr von Proviant und weiterhin Nach einer Minute ergriffen die Franzosen die Flucht 
Munitionsmangel zurück. Bald vermochte nun auch oder gaben sich gefangen. Unsere Kompagnie, die den 
die englische Heeresleitung nicht mehr zu verschweigen, Sturm allein ausführte, machte etwa 250 Gefangene, 
daß der „glänzende Sieg" bei Neuve-Chapelle in Wirk- Ich erhielt von einem französischen Feldwebel Schoko- 
lichkeit nur ein kleiner taktischer Erfolg, an sich von lade und Rotwein, und wir unterhielten uns; er war 
geringem Belange für die Lage der Verbündeten, und glücklich, jetzt in deutscher Gefangenschaft zu sein, 
zudem ein wahrer Pyrrhussieg gewesen. Die englischen Diese Angriffe wiederholten sich nun noch drei Tage 
Verluste betrugen in diesen paar Kampftagen nämlich lang. Ich kann Gott nicht genug danken, daß ich aus 
nach der Schätzung der „Times" selbst 12 000 Mann, diesen Kämpfen mit heiler Haut davongekommen bin. In 
und 500 Offiziere (nach einer anderen Angabe sogar diesen Tagen sind wir überhaupt nicht zur Ruhe gekommen, 
700) sind gefallen oder verwundet worden! „Das keine Stunde geschlafen und zwei Tage mit zwei Schnitten 
Bild", beklagen sich die „Times" in einer Kritik des Brot gehungert. Ich habe meine trockene Zunge mit 
amtlichen englischen Berichtes über die Irreleitung der Regenwasser, das an einem Stein heruntertropfte, be- 
öffentlichen Meinung bitter, war ganz in hellen Farben netzt, um nicht vor Durst zu vergehen. Mein Freund 
gehalten. Es machte den Eindruck, daß wir den Feind Walter D. W. aus A. fiel, von einer Gewehrkugel ge¬ 
schlagen könnten, wann und wo wir wollten. Die , troffen, neben mir und gab nur noch einen Laut von sich; 
richtige Art, unserm Volke über das Vorgehen bei Neuve- er war sofort tot. W. S. und N. sind leicht verwundet, 
Ehapelle zu berichten, wäre völlige Offenheit gewesen, aber von meinen Trierer Kameraden sind schon viele 
Man hätte sagen sollen, daß wir etwas, weM auch sHr gefallen. Ich habe wirklich unter Gottes Schutz ge- 
wenig erreichten, daß die Truppen mit großer Tapfer- standen, denn vor mir, hinter mir, überall lagen Tote, 
feit fochten, daß aber der Preis außerordentlich hoch Verwundete. Einmal stand ich auf Beobachtungsposten, 
war." Auch an noch schärferen, berufeneren Kritikern Ich hörte eine Granate heransausen, sprang von meinem 
hat es nicht gefehlt. General French selbst hat wohl Stand herunter, ließ mich blitzschnell auf die Erde fallen, 
bereits am 12. März den Eindruck eines viel zu teuer und da schlug das Ungeheuer auf derselben Stelle ein, 
erkauften Sieges seiner Truppen gehabt; denn nachdem wo ich Posten gestanden hatte. Ihr müßtet einmal 
alle seine Versuche, den Sieg vom 10. auszunutzen und sehen, was hier die Leute. beten können; jeder faltet die 
von Neuve-Chapelle weiter östlich vorzustoßen, an dem Hände und ruft Gott an, daß er ihm Schutz gewähre, 
deutschen Widerstände gescheitert waren, hat die britische Ich kann Euch immer noch kein richtiges Bild 
Führung am 13. März auf weitere Angriffe in diesem machen von dem, was ich alles erlebt und mit angesehen 
Kampfgebiete endgültig verzichtet. Auf die Gesamt- habe. Nun, seit Donnerstag nacht sind wir (unser 
läge hat dieser kleine örtliche Teilerfolg der Engländer Regiment) abgelöst und befinden uns etwa fünf Stun- 
nicht den geringsten Einfluß auszuüben vermocht. H. den hinter der Front in einem französischen Dorfe; 
* ^ hier liegen verschiedene Regimenter in Ruhe. Wir haben 
* hierein feines Leben; man kann wenigstens noch einmal 
Die Kämpfe in der Champagne. auf Stroh in einem warmen Zimmer ruhen. Wir sind 
in einem Hause untergebracht, in dem noch Zivilleute 
(Aus einem Feldpostbrief.) wohnen, eine Bauernfamilie. Ich vergaß noch, zu er- 
Ich glaube, Ihr habt Euch meinetwegen große Un- wähnen, daß einige Kameraden von mir und ich auch 
ruhe gemacht. Es war mir beim besten Willen nicht für das Eiserne Kreuz aufnotiert sind. Hier in E. spielen 
möglich, während vier Tagen auch nur eine Karte zu die Militärkapellen täglich mittags und abends: 69er, 
schreiben. Ich habe aber Tage hinter mir, die ich in 65er und Bayern. Es kommt einem jetzt vor, als wären 
meinem Leben nicht vergessen werde, und nur mit wir in einem Manöver. Aber lange wird diese Herrlich- 
Gottes Hilfe bin ich heute so glücklich, Euch meine Er- fett nicht dauern.
	        
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