Volltext: 217. Heft 1914/18 (217. Heft 1914/18)

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eine möglichste Verkürzung Anzustreben, dadurch Kräste 
zu sparen und die VerteidigungÄinie haltbarer zu machen. 
Zugleich diente die Zurücknahme von Teilen der Front 
dazu, die Truppe vor übermäßigen und unnötigen Ver¬ 
lusten innerhalb des Möglichen zu schützen, sie von Zeit 
zu Zeit wenigstens teilweise vom Feinde loszulösen und 
auch dadurch ihre Kräfte zu schonen, endlich ihr auch 
in der Verteidigung die Beweglichkeit zu bewahren, 
durch die es möglich wurde, auch dem strategisch sieg¬ 
reichen Feinde immer noch empfindliche Schläge zu 
erteilen und ernste taktische Nachteile zuzufügen. Das 
war auch das beste Mittel, trotz des notwendig gewordenen 
Rückzuges die moralische Haltung der Truppe zu be¬ 
wahren, ihre strenge Ordnung aufrechtzuerhalten, die 
sonst in solcher Lage leicht verlorengeht und den Rück¬ 
zug in Auslösung und Flucht ausarten läßt. Starres 
Festlegen unsrer Truppen in bestimmten Linien hätte 
bei der Überlegenheit des Feindes an Artilleriematerial 
die baldige vollständige Zertrümmerung unsrer Front 
bedeutet, und was dann aus den Trümmern geworden 
wäre, entzog sich jeder Berechnung. Dagegen bot die 
von der Obersten Heeresleitung gewählte Verteidigungs- 
taktik den zurückgehenden Truppen immer wieder Ge¬ 
legenheit, sich im frischen, entschlossenen Angriff mit-bern 
Gegner zu messen und dadurch Selbstbewußtsein, Zucht 
und Ordnung in den eigenen Reihen aufrechtzuer¬ 
halten. Dazu kommt ein bekannter Vorteil der in guter 
Ordnung zurückgehenden Truppe: ber langsam und 
georbnet Zurückweichenbe kennt genau bie Örtlichkeiten 
unb Entfernungen, bie bet ihm folgenbe Gegner burch- 
schreiten muß; er kann dieses Gelände burch Zerstörungen 
unb burch nur ihm bekannte Markierungen noch mehr 
zu feinen Gunsten umgestalten unb ist so in ber Sage, 
dem Feinbe nicht nur größere Verluste, fonbern auch 
anbern Schaben unb große Schwierigkeiten zu bereiten. 
Die Voraussetzung ist aber immer bie strengste Manns- 
jucht unb bet festeste Halt in ber Truppe selbst, unb biese 
Voraussetzung war in unsern Truppen»erbänberi an 
der Westsront im höchsten Maße erfüllt. Wenn es eine 
Zeitlang geschienen hatte, als ob es an verschiedenen 
Teilen der Front an dieser festen Haltung zu fehlen 
beginne, so änderte sich das in kurzer Zeit zum Besseren. 
Wir können mit Stolz sagen: Unsre Truppen haben an 
ber Front bis zum Äußersten unb Letzten ihre Schuldig¬ 
keit unb mehr als bas getan! 
Wir wollen nun sehen, wie bie nach ben mehrfach 
hier erläuterten Grundsätzen ber Obersten Heeresleitung 
geführten Kämpfe in ben verfchiebenen Abschnitten 
verliefen. 
In Flanbern verfolgten bie Englänber mit neuer 
Übermacht unb infolgebeffen auch verstärkter Energie 
das Ziel, uns mehr und mehr von der Küste abzudrängen. 
Da sie uns nördlich von Ypern aus die Linie Werten— 
Westroosebeeke zurückgedrückt hatten, so unternahmen sie 
vom 1. Oktober ab vornehmlich aus dieser Linie neue 
Angriffe, namentlich auf unserm rechten Flügel in diesem 
Abschnitt, in dem Raum nördlich von Staben. Diese 
Angriffe scheiterten jeboch. Auch östlich Ypern stieß 
der Feinb mit großer Kraft auf ben beiben Hauptstraßen 
vor, die nach Roefelaere und Menin führen. In diesem 
harten Ringen schwankte die Entscheidung mehrfach, 
neigte sich dann aber doch auf unsre Seite. Wir be¬ 
nutzten jedoch bie folgenbe Nacht, um — ber allgemeinen 
Lage unb den Absichten der Obersten Heeresleitung 
entsprechend — den nicht angegriffenen Teil unsrer 
Flandernfrent, d. h. den Südslügel im sraiHösischen 
Flandern, zu räumen, so daß unsre Front östlich von 
Ypern annähernd geradlinig nach Süden verlies. Wir 
gaben daher Armentieres unb Lens frei. Der Feinb 
scheint bie Absicht gehabt zu haben, feine Angriffe auf 
biese Front auszubehnen, benn er begann am 2. ein 
starkes Artilleriefeuer auf bie von uns verlassenen 
Stellungen unb schob erst, als er merkte, baß er ein 
leeres Nest beschossen hatte, feine Linien entsprechend» 
vor. Aus ber nordslandrischen Front nahmen bie 
Kämpfe ben gleichen Verlauf wie am Tage vorher. 
Daher verstärkte ber Feinb am 3. seine Angriffe nörblich 
unb südlich von Staden, drang auch in unsre Linien 
ein, wurde aber in einem schneidigen Gegenstoß wieder 
zurückgeworfen. Er wiederholte dann den Angriff 
südlich von Staden in der Richtung auf Roefelaere 
am 4., während er gleichzeitig seine Linien in Süd¬ 
slandern näher an unsre neuen Stellungen heranschob. 
Einstweilen trat eine Ruhepause in den flandrischen 
Kämpfen ein. 
In dem Abschnitt von Cambrai begann mit dem 
1. Oktober bereits der fünfte Tag der neuen Schlacht. 
Wieder tobte der Kampf mit grausiger Heftigkeit. Nicht 
weniger als achtmal stürmte der Feind gegen unsre 
Stellungen zwischen dem Senfse-Kanal und Cambrai 
nördlich von Sancourt an; um immer wieder durch die 
bort standhaltenden braven Regimenter — Schlesier 
und Kurhessen — zurückgeschlagen zu werden. Nur 
dicht bei dem Orte Sancourt selbst drang der Angreifer 
zeitweise tief in unsre Linien ein, konnte jedoch die er¬ 
rungenen Vorteile gegenüber unfern Gegenstößen nicht 
behaupten und mußte die in Blecourt eingeschlossenen 
SBürttemberger wieder freigeben. Auch bei Cambrai 
selbst und weiter südlich scheiterte der feindliche An¬ 
sturm. Nur das Dorf Rumillh südlich von Cambrai, 
nahe dem Scheldebogen bei Marcoing, ging verloren. 
Die Lehre, die dem Gegner an diesem Schlachttage 
erteilt worden war, war eindringlich gewesen; die An¬ 
griffe wurden zunächst nicht wiederholt. 
Dagegen betonten die Engländer nun fchärf^r den 
Angriff in der Gegend von St.-Quentin. Diese Stadt 
war von uns inzwischen aufgegeben worden. Zwischen 
Le Eatelet (am Schelde-Kanal oberhalb Vendhuille) und 
der Oise verlief unsre Front am 1. Oktober früh östlich 
an St.-Quentin vorbei nach Berthenicourt an der Oise. 
Gegen die neuen Stellungen drängte der Feind schon 
am 1. Oktober fcharf an. Der Schwerpunkt der Angriffe 
lag in dem Abschnitt Estrees—Joncourt—Lesdins nörd¬ 
lich von St.-Quentin. Es handelte sich abermals um 
einen ernsthasten Durchbruchsversuch. Ein solcher kam 
nicht zustande. Unsre Front wurde zurückgedrückt; als 
aber der Feind, daraus gestützt, den Angriff weiter fort¬ 
setzte und beiderseits der von Belleeglise nach Seque- 
hart führenden Straße in den letzteren Ort einbrach, 
traf ihn ein von dem Divisionskommandeur, General 
von der Chevallerie, persönlich geführter Gegenstoß ost- 
preußischer und posenscher Bataillone, wodurch er zu¬ 
rückgeworfen wurde. Nun erst besetzten die Engländer 
endgültig St.-Quentin und bereiteten, nachdem sie 
am 2. vergeblich starke Vorstöße versucht hatten, für 
den 3. einen neuen großen Ansturm zur Erzwingung 
des Durchbruchs vor. Bei der Ausführung gelang es 
ihnen, im ersten Anlauf Le Catelet zu nehmen und bis 
Beaurevoir und Montbrehaiu vorzustoßen; auch in 
Sequehart drangen sie aufs neue ein. Bei Le Catelet 
wurde der Gegner durch unfern glänzend geführten 
Gegenangriff wieder hinausgeworfen unb sogar über
	        
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