Volltext: 212. Heft 1914/18 (212. Heft 1914/18)

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OOOOOÜQOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOÜOOOOOOOOOOOOOOOOOQOOOOOOOaOOOOOOOOOOOOOOOQOOOOQOO 
erreicht werden. Denn wir hatten es nicht mehr mit 
der an ihrer Ostgrenze aufmarschierenden französischen 
Armee allein zu tun, sondern mit neuen Kräften, die 
sich durch die englische und amerikanische Hilfe beständig 
vermehrten, während wir einen Vorstoß gegen den 
Oberrhein an unsrer hinlänglich besetzten und gesicherten 
Grenze nicht mehr zu fürchten hatten. Damals hatten 
wir die Marneschlacht abgebrochen und unsre Front 
mit Rücksicht auf Veränderungen in der allgemeinen 
Kriegslage zurückgenommen. Die Franzosen sahen des¬ 
halb die erste Marneschlacht als einen großen Sieg an, 
obwohl der taktische Ausgang der Kämpfe sogar auf das 
Gegenteil deutete und der Entschluß unsrer Obersten 
Heeresleitung, auf die Aisnelinie zurückzugehen, nicht 
etwa durch französische Waffenerfolge, sondern durch 
bie Ereignisse im Osten veranlaßt worden war, wo man 
itufn. Bild- und Filmautt, Berlin. 
Deutsche Truppen überschreiten eine gesprengte Brücke über den Aisne-Kanal. 
bamals neue Kräfte brauchte, bie man nur ber Westfront 
entnehmen konnte. So kam es bamals zur allmählichen 
Erstarrung bes Bewegungskrieges im Westen, zu einem 
Stellungskrieg. Es war, als jetzt nach mehr als brei¬ 
jährigem Stellungskrieg bie letzte Entscheidung von uns 
in einer neuen Offensive gesucht würbe, eine ganz 
neue unb andersgeartete Frage, ob hierzu bie Durch¬ 
brechung der französischen Front zwischen Soissons 
und Reims von Nutzen sein werde. Eine solche Unter¬ 
nehmung konnte sogar von großer Wirkung fein, und 
man bars es nicht tabeln, daß dieser kühne Plan fest¬ 
gehalten und weiterverfolgt wurde. Später hat sich 
freilich herausgestellt, daß es wohl besser gewesen wäre, 
den Vorstoß an die Marne nicht zu wagen. Denn, wie 
wir noch sehen werden, glückte diese Bewegung in ihrem 
entscheidenden Teile nicht und gab den ersten Anstoß 
zu einem Rückschlag. Daß dieser Mißerfolg sich nachher 
so verhängnisvoll auswuchs, ist aber nicht Schuld > der 
Heeresleitung gewesen. Nur scheint es, daß das Nach¬ 
richtenwesen, das die Grundlage für alle strategischen 
Entschlüsse zu schaffen hat, bis zu einem gewissen Grade 
versagte. Denn es war augenscheinlich nicht bekannt 
geworden, in welchem Umfange die Zahl der an der 
Front verfügbaren amerikanischen Truppen sich neuer¬ 
dings andauernd vermehrte, auch nicht, daß General 
Foch diesmal nicht das tat, wozu ihn wenige Wochen 
zuvor der unbequeme Hilferuf des englischen Bundes¬ 
genossen nötigte, daß er nämlich nicht mehr feine Re¬ 
serven verzettelte und an aussichtslosen Stellen ein¬ 
setzte,' sondern sie planmäßig an bestimmter Stelle zu¬ 
sammenhielt, vermehrte unb neu organisierte, währenb 
er die burch ben deutschen Vorstoß verursachten Verluste 
als etwas Gegebenes und nicht mehr rückgängig zu 
Machendes hinnahm. Dadurch nahm er unserm Angriff 
die Wirkung, baß dadurch ber Verbrauch und die Schädi¬ 
gung ber französischen Kräfte geförbert würbe; er selbst 
sicherte sich die zukünftige Initiative. Solange jedoch 
unsre Oberste Heeresleitung noch damit rechnen durfte, 
die feindlichen Hilfskräfte in wirksamer Weise zu zer¬ 
stören und zu schwächen und die Anordnungen des 
Gegners' in Unord¬ 
nung zu bringen und 
dadurch zu beeinfluf- 
sen, war es durchaus 
gerechtfertigt, andern 
Entschluß zur Fort¬ 
setzung der Offensive 
festzuhalten. Es blieb 
also dabei, daß die 
Marnelinie als näch¬ 
stes Ziel unsrer Vor¬ 
wärtsbewegung galt. 
Wiederum würbe, 
wie es gesunben 
Grunbf ätzen ber Krieg¬ 
führung entspricht, 
ber einmal gefaßte 
Entschluß mit ber 
äußersten Energie zur 
Tat g emacht. Der Keil, 
ber burch unfern An¬ 
griff in bie franzö¬ 
sische Front getrieben 
worben war, bürste 
nicht zu schmal fein. 
Deshalb mußte jebe 
Gelegenheit, ihn zu verbreitern, wahrgenommen werben. 
General Foch hielt es im Sinne ber von ihm begonnenen 
Maßregeln zur Vorbereitung einer neuen Offensive für 
nötig, feine Front, bie südlich der Oise noch an der 
unteren Ailette stand, zurückzunehmen. Diese Bewegung 
wurde von uns bemerkt und dazu benutzt, am 30. Mai 
diesen zurückgehenden Truppen fofort nachzustoßen. 
Der Angriff wurde über Oise und Ailette hinaus scharf 
und kräftig burchgeführt, so daß am Abend eine Linie 
gewonnen wurde, die von ber Oise bei Bretigny über 
St. Paul bis Trosly-Loi-re reichte. Der letztgenannte 
Ort liegt westlich von Couch-le CHLteau. Im Anschluß 
baran würben auch süblich von Coucy-le CHLteau zwischen 
Ailette unb Aisne Fortschritte gemacht. In stetem 
Kamps würbe ber Gegner zurückgedrängt, so daß er 
über die Linie Bieuxy—Chavigny weichen mußte. 
Durch diesen Raumgewinn nördlich von Soissons wurde 
der Besitz dieser Stadt für uns erheblich gestützt. 
Während wir so die rechte Flanke unsres Vor¬ 
stoßes nach der Marne sicherten, galt es nun, mit großer 
Schnelligkeit und Tatkraft von den Stellungen südlich 
Soissons aus gegen EHLteau-Threrry vorzudringen. 
Vorerst versuchten die Franzosen, dies zu vereiteln, inbem 
sie Kavallerie, die von nachfolgender Infanterie unter-
	        
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