Volltext: 206. Heft 1914/18 (206. Heft 1914/18)

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geschlossen sind. Außerdem ist der Zugführer ein 
schneidiger Artillerieoffizier, genau bewandert im Schu߬ 
feld der linken und rechten Nachbar-Tankabwehrgeschütze. 
Da sitzt ein Volltreffer im Tank! Der Einschuß liegt 
in der Flanke. Der Panzerkopf hat die Wandung 
glatt durchschlagen. Innen ist das Geschoß geplatzt. 
Feuersäulen steigen hoch. Fetzen fliegen. Die Türen 
bleiben verschlossen. Noch lange qualmt der Sturmwagen 
in dichten Schwaden. Em Drama hat sein E:ide gesunden. 
Man wartet bereits aus das nächste .... So hat Leut¬ 
nant Engelbrecht in wenigen Tagen eine Strecke von 
8 Tanks erzielt. — Ich bin schon in mehreren Zehnten 
verbrannter Tanks hinein, darunter und drüber ge¬ 
krochen, um alles genau zu besichtigen. Stets hat mich 
ein drückendes Gefühl in dem Gewirr der Hebel, Räder, 
Waffen, Benzinbehälter im Innern ergriffen. Es war 
alles fo eng ineinandergeschachtelt, wie ich es bei den 
kleinsten Unterseebooten nicht gesehen habe. Und die 
zerfetzten und verbrannten Besatzungen! Die Gefangenen' 
erzählen, daß die wenigsten, die einmal mit dem Schrecken 
davonkamen, sich nochmals zu der Tankwasse melden. 
^ Ein neuer, überaus gewandter Gegner ist den 
Sturmwagen in den Flakkraftwagepgeschützen erstanden. 
Eigentlich dienen diese Schnellfeuerkanonen zur Be¬ 
kämpfung der Flieger und Ballone. Da sie jedoch 
aus guten Autos montiert sind, eilen sie die Vormarsch¬ 
straße entlang und feuern auf ihre Gegner blitzschnell 
Schuß auf Schuß. So hat am Morgen des 21. August 
1918 der Kaflak von Leutnant Cüwie dti Achiet-le-Grand 
zwei Tanks erledigt, sodann süns weitere zusammen¬ 
geschossen, die nördlich über den Bahndamm- aus der 
Richtung Achiet-le-Petit vorbrachen, und noch zwei andre 
in sehr beschädigtem Zustand zur Umkehr gezwungen. 
Als die neue „Tankoffensive" unsrer Gegner 1918 
begann, war viel die Rede von Bapaume, das der 
Gegner als „Tankhasen" benötige. Nach langen Kämpfen 
ist ihm der Trümmerhaufen am 28. August 1918 frei¬ 
willig überlassen worden. Einen Schutz kann also der 
neue Hafen nicht bieten. Eher noch Schwierigkeiten, 
denn verschüttete Keller werden sür die schweren Sturm¬ 
wagen leicht zu Tankfallen. Das war jedoch vorauszu¬ 
sehen. Was bedeutet demnach der neue Begriff „Tank- 
hafen"? Es ist ein großer Straßenkreuzungspunkt 
damit gemeint. Denn von den Hunderten von Tanks 
ist eine große Zahl natürlich doch in erster Linie auf 
Straßen angewiesen. Bon Bapaume können die Tanks 
ohne kehrtzumachen auf acht breiten Straßen tasch 
nach allen Richtungen fahren. 
* * 
* 
Herbsttage an der Nordsee. 
Von Oskar Ludwig Hardy. 
Durch den Leib des Schiffes, das uns zur Insel 
tragen foll, läuft ein Schlagen und Zittern. Die Ketten 
raffeln. Langfarn löfen wir uns vom Festland und 
schwimmen bald auf dem Meere, einer ungeheuren 
Wafferwüste, die der Sturmwind peitfcht, daß die weißen 
Schaumkronen zerfranst werden und in Flocken über 
die Wellen hüpfen. Die Mühlen und Häuser, dunkle und 
rote Punkte auf einem fchwarzen Strich, find längst er¬ 
trunken in einem milchigen Grau. Die Paffagiere sind 
fast alle in die Kajüten geflüchtet. Nur wir paar Soldaten 
stehen noch am Heck des Schiffes und starren gegen Osten. 
Dort liegt das Festland. Mit der Herbstpracht der Wälder, 
mit feinen wohlgeharkten Gärten und blanken Häusern, 
mit seinem brausenden Leben. Lebewohl! In unfern 
Hirnen glutet noch die Erinnerung an schöne, leuchtende 
Stunden wie schwerer, duukler Wein. Omnia ex! Die 
Sonne versinkt im Nebeldampf. —■ 
Eine sturmdurchtobte Nacht. Das Meer fchlägt 
knallend an den Strand. Es geht auf die fechste Morgen¬ 
stunde. Wie wir aus dem Unterstand treten, packt uns 
der Sturm, fpringt in die Mäntel und will fie zerfetzen. 
Wir rutschen das Kliff hinunter und fuchen den Strand ab. 
Ein feiner Regen durchnäßt uns bis auf die Haut. Die 
Holzplanken draußen verfenkter Schiffe werden ange- 
fchwemmt. Einige Korkwesten, Flaschen und Konserven¬ 
büchsen mit englischer Aufschrift. Ab imt> zu auch ein 
Faß Rum, eine Kiste mit Pflanzenbutter. Dicht an einer 
Buhne fchleudern die Wogen einen dunklen Packen 
auf den Strand. Und als die Morgendämmerung mit 
fahlen Geisterhänden den schweren Vorhang der Nacht 
zur Seite schiebt, sehe ich, was dieses Bündel bürgt. Und 
wende mich fröstelnd ab von einem tnchumfchlungenen 
Menfchenrumpf, der vielleicht feit Jahren fchon im 
Waffer treibt. Ohne Ruhe, auf und nieder. Um endlich, 
bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, mitleidlos auf den 
Sand geschleudert zu werden. 
Der Morgen, erschüttert von der Unrast der Seewinde, 
findet die Jnfelbefatznng fchonbei der Arbeit. Anfchweren 
Geschützen stehen die Kanoniere. Die Rohre heben fich, 
als fuchtelt sie den Feind. Pfeifensignale gellen, Klingeln 
schrillen. „Batterie schußbereit!" „In nordwestlicher 
Richtung vor der Batterie feindliche Torpedobootzer¬ 
störer. Entfernung 7200. Rollfalvenfeuer!" Die Befehle 
fchwirreu durch die Fernsprecher. Die Mannschaft steht 
mit fjvischer Ruhe an den Geschützen. Tag für Tag das- 
felbe Manöver. Tag für Tag diefe Vorbereitungen für 
den Gefechtsfall. Auf den Dünenkuppen bewegen sich 
fchwarz? Punkte. Infanterie besetzt das Gelände. Ma¬ 
schinengewehre bellen. Dumpf poltern einige Mitten. 
Müde find die Soldaten, fo müde. Die Eintönigkeit des 
Dienstes zersrißt die Menschen. An den Festtagen gehen 
die jungen Leute in die Badestadt. Dort flackert noch 
mühfelig das Leben. Dort fingen und jauchzen die 
Geigen. Glitzern Scherz und Sachen.- Springt manchmal 
ein Mädchenlachen hellauf. Doch der Himmel ist nicht 
maiselig blau, kein Fliederduft berauscht die Sinne. Der 
Herbststurm heult durch, die Straßen, klappert treppauf, 
treppab. Und um die Insel braust und schäumt das Meer. 
Müde neigt sich der Tag. Einige Minensuchboote 
fahren aus. Mit der zerfetzten Rauchfahne treibt der 
Sturm fein Spiel. Weit draußen liegen einige Kreuzer. 
Liegen auf der Lauer ttAe Hofhunde, die in der Nacht den 
Feind erwarten. Lichtfignale fpnngen hoch. Ein Schein¬ 
werfer blitzt auf. Dann wieder dunkel. Nur das Licht der 
Leuchtboje tanzt über dem Wasser, ringt mit den Wellen 
wie ein Ertrinkender. Leuchten glimmt durch bie Wölken. 
Da springen urplötzlich Lichter „aus. Scheinwerfer winken 
mit Geisterarmen. Signale schrillen. Wungsalarm! 
In den Baracken flammen Lichter auf,. Gewehre klappern. 
Dann wälzt fich eine lange dunkle Schlange in die Täler 
der Dünen. Die Kuppen werden besetzt; die Maschinen¬ 
gewehre und Geschütze sperren ihre unersättlichen Rachen 
auf. Und um alles — um dies Häuflein Menschen, das 
genau auf den Meter den ihm zugeteilten Gefechtsabschnitt 
besetzt hält,—heult der Wind in langgezogenen Tönen, 
brüllt das gierige Meer. Aufgescheuchte Möwen geistern 
mit schrill wehklagenden Stimmen das Kliff entlang. 
Der Morgen kriecht heran. Fahl, feldleichenhaft. Die 
Kreuzer draußen find verschwunden. Vielleicht liegen sie 
m dieser Stunde schon mit Englands Flotte im Kampf.
	        
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