Volltext: 205. Heft 1914/18 (205. Heft 1914/18)

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zungspunktes mit der Straße Messines — Ploegsteert, 
das aus wenigen Häusern bestehende Dörfchen Le Ros- 
signol. Die südlich dieses Dmfchens gelegene Höhe war 
als einer der beherrschenden Punkte der Gegend von 
den Engländern stark befestigt worden, ebenso das an¬ 
grenzende Wäldchen, an das sich weiter südlich der 
Ploegsteertwald anschloß. Auch südlich von Messines 
waren unsre Truppen im Vordringen, und eines dieser 
Regimenter unter Führung des Oberstleutnants Pol¬ 
mann erkannte die Gunst der Lage und schwenkte nach 
Norden ein. So, konnte hier die Höhenstellung von Le 
Rossignol unerwartet von Süden her gefaßt werden und 
wurde in starkem Anlauf erstürmt. Im Zusammenhang 
mit diesem Erfolg wurde auch der Ploegsteertwald in 
Besitz genommen und vom Feinde gesäubert. 
In dem anschließenden 
Frontabschnitt, der durch die 
beiden Bahnlinien Armen-, 
twres—Bailleul und Armen- 
tieres —Merville begrenzt 
wird, ging es unermüdlich 
vorwärts. Am 12. April 
wurde die Bahn, die jenseits 
Bailleul in einem Bogen 
nach Mems weiterführt, er¬ 
reicht, und nördlich von 
Merville gelangte man bis an 
den Ostrand des Waldes von 
Nieppe. Auch südlich von 
Merville wurde erheblicher 
Raum gewonnen; schon be¬ 
fand man sich, nachdem der 
Ort Locon nördlich von Be- 
thune erstürmt worden war, 
am La-Bass6e-Kanal. Wenn 
man die größeren Schwie¬ 
rigkeiten in Betracht zieht, 
die in diesem Gelände zu 
überwinden waren, so steht 
man mit der größten Bewun¬ 
derung vor der Tatsache, daß 
hier überhaupt Fortschritte 
möglich waren. Freilich er¬ 
reichten sie nicht ganz das atemraubende Tempo wie 
unser Angriff zwischen Arras und Soysons, aber es 
ging doch unaufhaltsam vorwärts unter den stärksten 
Verlusten des Feindes und verhältnismäßig geringen 
eigenen Opfern. Am 13. durchstießen südlich von der 
Douve die Truppen des Generals von Eberhardt die 
feindliche Stellung füdlich von Wulverghem und machten 
dadurch die Lage des Feindes in diesem letzteren Orte 
noch gefährlicher. Dann erstürmtem sie auch Neuve 
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Karte zur Schlacht von Armenti^res. 
Stand bis 12. April 1918. 
unterstütztes Artilleriefeuer, daß es nicht mehr möglich 
war, sie mit einiger Aussicht auf Erfolg einzusetzen. 
Am 14. April war es jedoch den Engländern endlich 
gelungen, die Folgen der ihnen zuteil gewordenen un¬ 
liebsamen Überraschung soweit zu überwinden, daß 
sie eine größere Zahl mit außerordentlicher Hartnäckigkeit 
geführter Gegenangriffe zustande brachten, die zwar 
nicht viel zu bessern vermochten, aber doch unsern 
weiteren Erfolgen stärkere Hindernisse entgegensetzten, 
als im Anfang der Schlacht. Es kam zu zahlreichen 
Nahkämpfen, in denen jedoch unsre Truppen am letzten 
Ende die Oberhand behielten. Die englischen Gegen¬ 
angriffe, die zu einem Teil aus Bailleul heraus," zum 
andern Teil bei Bethune geführt wurden, brachen im 
entscheidenden Augenblick in unserm Feuer zusammen. 
Die Schlacht näherte 
sich offenbar dernotwendigen 
J°ßBcetam ersten „Atempause". Aber 
es war den Engländern 
klar geworden, daß das kein 
Nachlassen der Kraft des 
deutfchen Angriffs bedeu¬ 
tete. In England herrschte 
die größte Bestürzung, und 
zeitweilig bemächtigte sich, 
wie wir später aus zuver¬ 
lässigen Berichten erfahren 
haben, des englischen Volkes 
eine Stimmung, die für uns 
sehr verheißungsvoll hätte 
enden können, wenn Eng¬ 
land allein gewesen wäre. 
Aber mit Hilfe der Franzo¬ 
sen, die sich die erdenklichste 
Mühe gaben, die Katastrophe 
von den englischen Bundes¬ 
genossen abzuwenden, kam 
man diesmal noch über den 
äußersten moralischen Zu¬ 
sammenbruch hinweg. Be-- 
merkenswert war dabei frei¬ 
lich, daß die Franzosen ihre 
Zuversicht auch nicht aus sich 
selbst, sondern aus der Hoffnung auf die amerikanische 
Hilfe schöpften, die jetzt eine bestimmtere Gestalt an¬ 
nahm. Den Amerikanern war es allmählich gelungen, 
eine nicht unbeträchtliche Truppenzahl nach Europa 
hinüberzubringen. Diese größeren Transporte konnten 
auch durch unsre U-Boote nicht ganz verhindert werden. 
Einstweilen konnten übrigens nicht alle Divisionen, 
die die Amerikaner auf französischen Boden gebracht 
hatten, unmittelbar an der Front verwendet werden, 
Eglise (Nieuvekerke), nachdem wiederholte Gegenan- aber einesteils dienten sie doch den Franzosen zur Ent- 
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griffe der Engländer in erbittertem Ringen abgewiesen 
worden waren. Noch in den Abendstunden wurde dann 
von unsern Truppen unter Führung des Generals 
Maercker die Höhe westlich von diesem Orte angegriffen 
und in unfern Besitz gebracht. Inzwischen war um 
Bailleul mit wechselndem Erfolg gekämpft worden, 
doch wurde die Lage der Engländer immer schwerer 
haltbar, nachdem südwestlich von Bailleul die Orte 
Merris und Bieux-Berquin in unsre Hand gekommen 
warkn. Wieder suchten die Engländer neue Truppen 
auf den Kampfplatz zu bringen, aber diese litten schon 
während des Anmarsches so sehr durch unser ausge¬ 
zeichnet geleitetes und von Flugzeugbeobachtungen 
lastung, da diese nun Truppenteile frei machen und an 
der Front verwenden konnten, die sonstißinter der Front 
notwendig gewesen wären. Anderenteils belebte die 
bloße Anwesenheit der Amerikaner und die Möglichkeit 
ihrer späteren Verwendung den Mut der Franzosen 
beträchtlich, zumal da sie in ihrer unverwüstlichen Zuver¬ 
sicht immer noch ein einen nahen Wendepunkt des 
Krieges und an eine baldige Entscheidung zugunsten 
der Entente glaubten. Wie es einmal später werden 
könnte, wenn die gewünschte Entscheidung ausblieb 
oder anders fiel und wenn dann Frankreichs letzte 
Volkskraft, vernichtet oder unheilbar geschwächt, ganz 
dem Gutdünken der Amerikaner ausgeliefert sein würde,
	        
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