Volltext: 202. Heft 1914/18 (202. Heft 1914/18)

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Umstand, daß sie als Kriegsschöpfung in jenen heißen 
Augusttagen 1914 aus einem Nichts entstanden ist, sich 
mit Notbehelfen abquälen mußte, dafür aber auf Rekord¬ 
leistungen zurückblicken kann, die selbst dem erfahrenen 
Fachmann eine unbegrenzte Hochachtung abnötigen. 
Damit meine ich natürlich nicht den Schreiber dieser 
Zeilen, denn zum urteilsfähigen Fachmann gehört mehr 
als nur flüchtige Beobachtung und Verständnis für die 
seemännische und strategische Wichtigkeit dieses Zweiges 
unsrer Marine. Hier bin ich überhaupt mehr Chronist 
als Fachmann. Ich darf aber erwähnen, daß der Kaifer 
in feinem Telegramm, in dem er dem Flottenchef das 
Eichenlaub zum Pour le merite verlieh, neben der 
glänzenden Molge unfrer U«58oote auch der hervor¬ 
ragenden TÄ°tz^eit der Minensnchverbände gedachte, daß 
Admiral Scheer 
kürzlich dieser 
Minensuchflottille 
in ihrem Stütz¬ 
punkte einen Be¬ 
such abstattete 
unddabeiwarme 
Worte der An¬ 
erkennung sprKi, 
auf welche die 
Braven stolz sein 
konnten. Ebenso 
wie der Sieger 
vom Skagerrak 
zollte auch unser 
kühner Kreuzer¬ 
chef,Vizeadmiral 
von Hipper, den 
Minensuchern 
häufiger schon 
wohlverdientes 
Lob. Und Admi¬ 
ral von Trotha, 
der Ludendorff 
unsrer Flotte, 
besuchte diese 
Flottille weit draußen in der Nordfee bei ihrer Tätig- 
leit. — Vor einiger Zeit begrub man einen der Tapferen, 
der im Kampf mit den teuflischen Minen der Engländer 
fein Leben gelaffen hatte. Da folgte ein großes Geleite 
von höheren Seeoffizieren dem Sarge des Braven, und 
einer von ihnen fprach folgende Worte zu den Kameraden 
des Gefallenen: „Daß wir hier erschienen sind, soll 
Ihnen ein Beweis dafür fein, daß wir Ihre brave Tätig¬ 
keit sehr wohl zu schätzen wissen. Sie fahren immer 
über Ihrem offenen Grabe dahin, aber unerschrocken 
verrichten Sie Ihre fchwere Arbeit. Dafür wird Ihnen 
der Dank des Vaterlandes gewiß fein!" 
Der Flottillenchef erzählt: Aus Vergangenheit und 
Gegenwart. Von den Mobilmachungstagen, da er 
einige schmutzige Fischdampfer übernahm, auf denen 
noch tote Fischleiber und all die Rückstände des Fanges 
lagen. Schiffchen, wohl für 10 Mann und zum Fifch- 
zug eingerichtet, nicht aber für 20 und 30 Kriegsschiff- 
matrosen, die in den ersten Tagen an Deck unter einem 
Segel fchlasen mußten. Langsam vollzog sich die Um¬ 
wandlung. Die ersten englischen Minen tauchten in 
der Nordsee auf, ein Hilfsmittel des englischen Hunger¬ 
krieges, um neutrale Schiffe an der Fahrt nach Deutsch¬ 
land zu hindern. Der Kampf der Abwehr gegen die 
unterseeischen Höllenmaschinen begann. Und neue feind¬ 
Hofphot. Carl Eberth, Cassel. 
Der Bc»bacht«»asp«sten auf einer einsame,» Vogesenhöhe bereitet seine Mahlzeit <Pfa»»k»chen 
mit Marmelade). Die Säge dient ihm als Kuchenschwänger. 
liche Minensperren wurden entdeckt, gelegt in Nacht 
und Nebel oder von U-Booten, die unter Wasser ihren 
Höllenspuk auswarfen. 19 Meilen lang stellte man eine 
englische Sperre fest. Dicht an dicht lagen die eifernen 
Giftpflanzen des Meeres. Doch man wurde ihrer Herr 
und erzielte dabei die Tages-Rekordleistnng von 240 ge¬ 
räumten Minen. Hut ab! — Die Bilder wechfeln. Ich 
höre von geretteten Fliegern, die auf zertrümmertem 
Flugzeugschwimmer bereits drei Tage trieben, den Tod 
vor Augen, als sie aus den Minenfeldern herausgefifcht 
wurden. Von deutschen Kriegern, die in offenen Booten 
englischer Gefangenschaft entflohen und von Minen¬ 
suchern aufgenommen wurden, von Schiffsuntergängen 
und Rettungen, von Sturm und Nacht, von Not und 
Tod. Ein Heldenlied deutscher Seemannsgröße! 
Militärische 
Rücksichten ver¬ 
bieten mir ein 
Eingehen aus die 
interessantesten 
Punkte unsres 
Gesprächs. Das 
aber soll hier 
festgehalten wer¬ 
den: Wenn der 
Engländer ge¬ 
glaubt hat, des 
für ihn so fürch¬ 
terlichen U-Bovt- 
fiieges dadurch 
Herr zu werden, 
daß er Minen 
über Minen in 
dieNordfeewarf, 
so hat er sich in 
dieser Maßnahme 
genauso verrech¬ 
net, wie in all 
feinen übrigen 
Abwehrmitteln 
unb dem Ver- 
'zweiflungsstoß gegen die flandrischen Häfen. Gewiß fei 
zugegeben, daß uns der Minenkrieg der Engländer feit dem 
letzten Jahre lästig geworden ist. Schöntuerei ist einmal 
nicht deutsche Art. Wenn aber Jellicoe, der Besiegte vom 
Himmelfahrtstage 1916, vor wenigen Monaten das eng¬ 
lische Volk auf den August 1918 vertröstete, weil bis dahin 
jegliche U-Bootgefahr ausgeschaltet fei, so hat er mit feiner 
Prophezeiung jedenfalls die verschärfte Minentätigkeit 
der Engländer gemeint, das Zustopfen des „Rattenlochs" 
mit Minen. Der „Graf von Scapa Flow", zu dem ihn 
sein König ernannte, hat seine Rechnung jedoch ohne die 
deutschen Minensuchleute gemacht, die für dieses eng¬ 
lische Gift das Gegenmittel gefunden haben. Seine Ein¬ 
richtung ist ganz jungen Datums, die bis jetzt erzielten 
Erfolge.aber über alles Erwarten groß. Und fo wird auch 
in der neuen fcharfen Form des Minenkrieges der Sieg 
auf unsrer Seite fein. Das setzte sich unabänderlich als 
frohe Überzeugung in mir fest, als ich von dem erfindungs¬ 
reichen und unerschrockenen Führer der .... Minen¬ 
suchflottille schied und mir Korvettenkapitän K. die Worte 
mit auf den Weg gab: „England kann noch so viele 
Minen heranbringen und vor die Deutsche Bucht werfen, 
die paar Löcher, die wir für unsie U-Boote unb unfre 
Flotte zum sicheren Ein- und Auslaufen brauchen, 
werden wir uns immer schaffen!"
	        
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