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Mit beut scharfeil Glase suchte der Prisenoffizier
den südlichen Horizont ab. Doch die erwartete Küste
wollte ebenso wenig aus dem Dunste aufsteigen, wie die
Form eines deutschen Kriegsfahrzeuges. Plötzlich
aber tauchte in kaum 1000 Meter Entfernung etwas
Weißes aus dem Wasser auf: Der Turm eines I7-Bootes !
Auch der holländische Kapitän hatte ihn bemerkt: „Stop¬
pen, sofort stoppen", rief er. „Ein Unterseeboot". In
wenigen Sekunden hatte sich diese Nachricht durch das
ganze Schiff fortgepflanzt. Alles stürzte zu den
Rettungsbooten, und der Prisenoffizier befand sich
allein auf der Kommandobrücke, wo er das Steuer
übernehmen mußte. Von dem II-Boot war jedoch
nichts mehr zu sehen, es war wohl getaucht. Ob es wohl
ein eigenes oder ein feindliches war? Immerhin schien
es ratsam, Zickzackkurse zu steuern, wobei dauernd scharf
nach einm Torpedolaufbahn ausgespäht wurde. Es
erfolgte aber nichts. Nachdem im Verlaufe von 5 Mi¬
nuten nichts passiert war, legte sich allmählich die Auf¬
regung der Besatzung, und recht kleinlaut kamen Kapitän
und Matrosen wieder auf die Brücke. Die Heizer und
Maschinisten verschwanden in ihren Niedergängen. „Ja,
ja, die deutschen U-Boote machen die Seeleute nervös",
meinte der Kapitän entschuldigend ...
Wieder Motorgeknatter. „Eine Vliegmaschine",
sagte der Mann am Ruder, und bald war wieder ein
deutsches Wasserflugzeug über dem Dampfer, um eine
Nachricht des Kommandeurs der Flugstation abzuwerfen.
Bald darauf kamen auch von Süden her deutsche Tor¬
pedoboote heran und nahmen den aufgebrachten Dampfer
in ihren Schutz. Nach einer weiteren Stunde ankerte
der erste von deutschen Wasserflugzeugen aufgebrachte
Prisendampfer im Hafen von Zeebrügge.
* * *
Der Kampf um Tripolitanien.
Bald nach dem Eintritt der Türkei in den Weltkrieg
erklärte der Sultan in seiner Eigenschaft als Oberhaupt
der mohammedanischen Welt den Heiligen Krieg. Vor
einer Überschätzung der Auswirkung dieser Proklamation
mußte man sich allerdings hüten, ihre Bedeutung konnte
zunächst nur eine moralische sein; allein Ansstände in
den mohammedanischen Teilen Indiens, Revolten in
Ägypten und die Fortsetzung des bewaffneten Wider¬
standes der Eingeborenen Tripolitvniens gegen die
Italiener waren doch deutliche Anzeichen dafür, daß
der Ruf des Kalifen nicht ungehört verhallte. Zudem
wurden wir durch die Blockade unsrer Feinde auch im
Nachrichtendienst derart von der Außenwelt abgeschnitten,
daß wir über die Vorgänge in der mohammedanischen
Welt nur durch die spärlichen Nachrichten Kunde er¬
hielten, die aus dem Umwege über die neutralen Blätter
zu uns hereinkamen. Infolge der strengen Zensur
brachte auch die Ententepresse nur höchst dürftige Mel¬
dungen über den Umfang des Heiligen Krieges.
Aber eines wissen wir schon seit geraumer Zeit,
daß es den Italienern in Tripolitanien sehr schlecht geht.
Im Grunde genommen konnten sie auch nach dem Frie¬
densschlüsse zu Lausanne ihre Herrschast über Tripoli¬
tanien nur so weit notdürftig ausüben, als die Reich¬
weite ihrer schweren Land- und Schisssgeschütze betrug.
Denn die Eingeborenen kümmerten sich nicht um den
Friedensschluß, sondern setzten den Kampf fort. Unter¬
stützt wurden sie dabei vorwiegend durch die Senussi,
diesen höchst kriegerischen, 1837 von Sidi Muhammed
den Alies-S. in Mekka gegründeten religiösen Orden,
der sich zur Aufgabe gestellt hat, die Lehren des Korans
in ihrer ursprünglichen Reinheit wieder herzustellen.
Die Seuussi, die ihre zahlreichsten Anhänger in den
Oasen der Sahara und im Wilajet, Barka haben, sind
von einem wilden Fanatismus erfüllt und im Kampse
von der todesverachtenden Tapferkeit des echten Musel¬
manen. Ihr Einfluß auf die vielen Millionen Moham¬
medaner in Jnnerafrika ist ein gewaltiger, sie verehren
in einem Scheich, dessen eigentliche Residenz seit meh¬
reren Jahren streng geheimgehalten wird, ihr geist¬
liches Oberhaupt. Sowohl den Franzosen in Marokko
und Algier wie auch im Sudangebiet und den Italie¬
nern in Tripolitanien und der Cprenaika haben die
Senussi, deren Zahl aus etwa 10 Millionen Köpfe ge¬
schätzt werden darf, viel zu schassen gemacht. Zudem
verfügen die Senussi über große Waffen- und Munitions¬
lager, die im Frieden von englischen und französischen
Händlern auf dem Karawanenwege nach dem Innern
Afrikas, besonders nach Dorfar, gebracht wurden.
Bald nachdem die Italiener ihren Raubkrieg gegen
die Türkei um den Besitz von Tripolitanien eröffnet
hatten, gelang es Enver Pascha, dem jetzigen türkischen
Kriegsminister, unbemerkt die letzte türkische Provinz
in Asrika zu erreichen, wo er mit den geringen ihm zur
Verfügung gestandenen Mitteln eine großartige Ver¬
teidigung organisierte, und man darf wohl annehmen,
daß auch die Rückeroberung Tripolitaniens vor allem
sein Werk ist. Aus dem Berichte des türkischen
Generalstabes vom 4. Juni ersehen wir nämlich, daß
in Tripolitanien türkische Truppen mit Artillerie die
Italiener bekämpfen, die sich nur noch in einigen Küsten*
plähen mühsam zu halten vermögen. Diese stehen aber
bereits unter dem Feuer der türkischen Batterien und
deutscher Unterseeboote. Auf welchem Wege es ge¬
lungen ist, nicht nur türkisches Militär, sondern sogar
eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Geschützen nach
Tripolitanien zu schassen, weiß man nicht, allein die
Annahme liegt sehr nahe, daß dabei die Tauchboote
eine bedeutende Rolle gespielt haben. Bekamen wir
doch wiederholt Meldungen, daß österreichisch-ungarische
und deutsche Ü-Boote tripolitanische Küstenplätze be¬
schossen und auch Massen landeten.
Bis zur Kriegserklärung Italiens an Österreich-
Ungarn ließen die Italiener an der tripolitanischen Küste
eine Kriegsflotte kreuzen, deren weittragende Geschütze
die Ausständischen' einigermaßen in Schach hielten.
Seitdem sich jedoch die Tätigkeit unsrer und der deutschen
Tauchboote auch 'gegen,die italienischen Kriegsschiffe
richtet, sind diese aus den tripolitanischen Gewässern
verschwunden. Infolgedessen hangen die Besatzungen
der sechs tripolitanischen Küstenplätze, die die Italiener
nach ihrem Eingeständnisse noch halten, sozusagen in der
Lust. Befänden sich in den tripolitanischen Gewässern
noch italienische Kriegsschiffe, so wäre es ja den deutschen
Tauchbooten nicht möglich, das Feuer der türkischen
Batterien von der Seeseite her zu unterstützen. Zudem
konnte man kürzlich in einem italienischen Blatte lesen,
daß ein italienisches Handelsschiff beiMisnrata, einem der
erwähnten sechs Küstenplätze, scheiterte. Eingeborene
retteten zwar die Besatzung, schleppten sie jedoch in Ge¬
fangenschaft in das Innere des Landes. Dies geschah
unter den Mündungen der italienischen Kanonen Misu-
ratas! Auch daraus kann man ersehen, wie verzweifelt
sich die Lage der Italiener in Tripolitanien gestaltet
haben muß, so 'daß man ihnen wohl ein zweites Adua
ihrer kolonialen Großmannssucht voraussagen kann.