Volltext: 19. Heft 1914/15 (19. Heft 1914/15)

blieben, so wog diese Zahl in Wahr¬ 
heit mindestens ebenso schwer, weck 
bei den Russen inzwischen Mangel an 
Geschützen eingetreten war. 
Wie vollkommen der Feind über¬ 
rascht wurde, mögen zwei Einzelzüge 
beweisen: In dem 4 Kilometer nord¬ 
westlich von Wirballen gelegenen 
Kibarty befand sich eine ganze russische 
Brigade in den Häusern, als der Ort be¬ 
reits von schwachen deutschen Kräften 
umzingelt war, denen sie sich ohne Schuß 
ergeben mußten. Ferner wurde in der 
Nähe Kibartys eine ganze Batterie mit 
ihren Munitionskolonnen durch unser 
Feuer völlig vernichtet, und der Weg von 
Kibarty nach Wirballen war übersät mit 
Munitionswagen, Schlitten und vielen 
Tausenden von Jnfanteriegewehren. 
Der unmittelbare Erfolg dieses 
Sieges, der unzweifelhaft in der Kriegs¬ 
geschichte aller Zeiten an einer hervor¬ 
ragenden Stelle steht, war zunächst 
die Räumung Ostpreußens durch den 
Feind, darüber hinaus aber die Bedrohung russischer 
Festungen. Die ganze Bedeutung der Schlacht kann erst 
der fernere Verlauf des Feldzuges zeigen. O.Anwand. 
Phot. Kühlewindt Königsberg. 
Radfahrerpatronille überbringt eine wichtige Nachricht aus dem vom Feinde bedrohten 
Gebiete bei Tilsit. 
Gelände mit den Engen zwischen den Seen die beste 
Gelegenheit. Besonders wurde um die Strecke zwischen 
dem Laszmiadensee, Woszczellen und Lyck hartnäckig 
gefochten, bis es schließlich unserer Landwehr und den 
Truppender GeneralevonFalckund von Buttlar am 14. Fe¬ 
bruar gelang, Lyck zu erobern. Der Kaiser, der am 
13. Februar in Lötzen eingetroffen war, um hier die 
Stellungen der Truppen zu besichtigen, die in drei- 
monatelangen ununterbrochenen Kämpfen ihre Heimat 
gegen die Russen verteidigt hatten, wohnte dem sieg¬ 
reichen Ringen unserer Mitte bei Grabnick bei. 
Sogleich nach der Einnahme Lycks eilte er hierher 
und begrüßte einige der einziehenden Regimenter. 
Ein großer Teil der Häuser war zerschossen, und 
so weit der Blick reichte, standen die Ortschafteil in 
Flammen, ein sicheres Zeichen, daß die Russen ihren 
eiligen Rückmarsch für unvermeidlich hielten und alles, 
dessen sie habhaft werden konnten, den Flammen über¬ 
gaben, damit es dem Sieger nicht zum Nutzen gereiche. 
Wenn sich die Schlacht bei Tannen¬ 
berg auf verhältnismäßig kleinem Raum 
abgespielt hat, so wurde die Umklamme¬ 
rung in der Winterschlacht in Masuren 
auf weit größerem Gebiet ausgeführt. 
Daher kommt es auch, daß die Zahl der 
Gefangenen und die übrige Kriegsbeute 
erst nach längerer Zeit übersehen werden 
konnte. Aber 15 Tage nach Beginn der 
Schlacht, am 22. Februar, wurden mehr 
als 100 000 Mann, darunter 7 Generale, 
gemeldet, deren Zahl sich noch auf elf ||hHH 
erhöhte. Rechnet man die Toten und 
Verwundeten dieser 10. Armee, deren 
Stärke sich auf ungefähr 200 000 Mann 
belaufen hatte, hinzu, so ergibt sich, 
daß sie völlig vernichtet wurde und 
mur geringe Teile übrig geblieben sein 
können. Mehr als 500 Geschütze hatte \ ; - 
uns die Schlacht bei Tannenberg ein- > v ^ 
gebracht; wenn in der Winterschlacht 
in Masuren mehr als 300 Geschütze, ~ 
darunter 18 schwere, in unseren Händen 
Kriegsgliick. 
(Aus einem Feldpostbrief.) 
Ein eigenartiges Geschick hat über den Kriegserleb¬ 
nissen eines Angehörigen unseres Ulanenregiments ge¬ 
waltet. Es handelt sich um den 19 jährigen Leutnant I., 
den einzigen Sohn eines Gutsbesitzers. 
Als wir bald nach dem Kriegsbeginn die Fühlung 
mit den Russen gewonnen hatten, ritt unser Regiment 
seine erste Attacke. Die feindliche Kavallerie wurde ge¬ 
worfen. Nun richtete sich unser Stoß gegen die Infanterie 
mit ihren, in vielen Linien folgenden Unterstützungen. 
Während der Attacke beschossen uns Maschinengewehre 
in der rechten Flanke, und russische Feldartillerie fuhr halb 
links vor uns auf. Leutnant I. ritt ein vorzügliches, sehr 
Phot. Kühlewindt, Königsbergs 
Panzerzug an der Kampffront Oftprenftcns.
	        
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