Volltext: 183. Heft 1914/18 (183. Heft 1914/18)

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weder bei uns noch beim Gegner stand davon etwas. 
Die Granaten hatten längst reinen Tisch gemacht. 
Plötzlich schob sich ein schneeweißer Lichtkegel durch 
die Nacht, ganz unerwartet kam das, aber blitzschnell 
lagen wir auf dem Boden. Und der weiße Arm des 
französischen Scheinwerfers tastete durch das Dunkel 
und suchte und sandte seine Strahlen bis in die verbor¬ 
gensten Winkel. Es dauerte geraume Zeit, bis man drüben 
von nnsrer Harmlosigkeit überzeugt war. Alles war so 
schwarz wie zuvor und ganz allmählich erst mußten sich 
die geblendeten Augen wieder an die Dunkelheit ge- 
wohnen. „Die Bande will uns gleich die erste Nacht 
hier verekeln und hat gemeine Absichten", das war unser 
aller Überzeugung, und wir verdoppelten womöglich 
noch uusre Aufmerksamkeit. 
Schon begann der Spuk. In eine der von unsrer 
Stellung aus vorgetriebenen Sappen krachten die 
ersten feindlichen Handgranaten. Am Telephonunter- 
stand unsrer vorigen Stellung hatten wir es oft genug 
gelesen: Handgranatenkämpfe bei S., nun sollten wir 
das aus eigener Anschauung kennenlernen. Jetzt kam 
an uns die Reihe. Wie berstendes Glas klang es rings 
um uns. Glutrot leuchtete es auf, und noch war das 
Leuchten nicht erloschen,« da tauchten die todbringenden 
Lichter von neuem auf. 
Während man bei einer Artilleriebeschießung das 
Sausen der Geschosse hört, kommen die Handgranaten 
vollkommen lautlos durch die Luft, erst in der Explosion 
ihre Anwesenheit zeigend. 
Stahlsplitter,Lehmklumpen 
fliegen um uns her. Dort 
bricht einer mit leisem Weh- 
laut zusammen, ein andrer 
beißt knirschend die Zähne 
zusammen, drückt eine Hand 
auf die Brust und schleudert 
mit der andern eine Stiel- 
granate hinaus., 
Und wieder kommen die 
runden, flachen Boten des 
Jenseits, immer dichter und 
dichter wird der Hagel. 
Die Brustwehren sind fast 
ganz zerstört. Die Atmo- 
sph äre wird unerträglich und 
legt sich beklemmend auf 
BrustundHirn. Endlos das 
Klirren, Tosen und Auf- 
leuchten. Noch wissen wir 
nicht einmal, von wo aus die 
Franzosen ihre Geschosse 
schleudern. Da leuchtet 
unser Scheinwerfer auf und 
in seinem Lichtkegel sehen 
wir die dunklen Flecke un- 
weit unsrer Stellung, eng 
an den Boden gedrückt. Der 
Feind. Nun wollen wir uns 
abfinden. Und nun fliegen 
unsre Handgranaten hin- 
über, langsam, wohlgezielt. 
Oh, wir sind gut ausge- 
bildet mit dieser gefährlichen 
Waffe. Bald wimmert es 
vor uns,baldschreit esrechts 
von uns laut auf. Dann 
tastet wieder unser Scheinwerfer das Gelände ab: der 
größte Teil der schwarzen Flecke ist verschwunden, einige 
aber liegen noch dort, um nicht wieder aufzustehen. 
Der Zugführer läßt den Verbrauch an Hand- 
granaten feststellen. Die verbleibende Menge ist gering. 
Mit zwölf Mann geht es zum Laufgraben zurück, um 
neuen Vorrat zu holen. Kein leichtes Stück Arbeit, 
aber Eile tut not. In Zeltbahnen bringen wir die Dinger 
geschleppt, bald in ein Granatloch stürzend, in dem uns 
das aufgespeicherte Wasser bis über die Knie reicht, 
dann wieder auf dem Rücken einen feuchten Lehmhügel 
hinunterrutschend. Die amerikanischen Pfadfinder aus 
Coopers Lederstrumpf sind Waisenknaben gegen uns. 
Noch sind wir ein tüchtiges Stück vom vordersten 
Graben entfernt, da kommen Granaten angeheult. In 
unmittelbarer Nähe schlagen sie ein. Das hatte tat- 
sächlich bloß noch gefehlt. Anscheinend wollen die Franz- 
männer das Herankommen von Reserven verhindern. 
Wenn das ihre Absicht ist, sind sie auch mit dem er- 
ledigten Angriff noch nicht zufrieden, und wir haben 
unsre Handgranaten gewiß nicht umsonst geholt. Wenn 
uns nur nicht etwa ein Granatsplitter in uusren Ballast 
dringt, sonst sind wir für diesen Krieg erledigt. 
Wieder geht es vorn los, es ist die höchste Zeit, daß 
wir vorkommen. Alles stürzt über die Handgranaten her, 
aber — die Feinde sind weiter vorgedrungen — im 
nächsten Augenblick müssen sie in unsren Graben springen. 
Da setzt das Tack-tack-tack unsrer'Maschinengewehre ein, 
uns dünkt es Engelsmusik. 
Kreuzfeuerdieser Werkzeuge 
auf verhältnismäßig gerin- 
gem Räume — die Wirkung 
war überwältigend. Nur 
sieben Mann kamen inner- 
halb unsres Zugsbereiches 
in den Graben und wurdeu 
natürlich mit offenen Armen 
empfangen. Vor wenigen 
Minuten noch kamen sie stolz 
und siegesgewiß angestürmt, 
nun kauerten sie verschüch- 
tert unter uns, wunderten 
sich, daß wir so nett mit 
ihnen waren, und sperrten 
Mund und Nase auf, als 
sie von verschiedenen Feld- 
grauen in ihrer Mutter- 
spracheangesprochen wurdeu. 
Die Augen sanken uns 
zu, aber mit äußerster 
Willensanspannung blieben 
wir alle wach und spähten 
nach dem Feinde, dem 
freilich die Angriffslust ver- 
gangen sein mochte. Es 
blieb still, nur selten knallte 
gehässig ein Schuß durch 
die Nacht. 
. Von hinten aus der 
Reservestellung kamen Ar- 
beitskommandos, die den 
Graben nach Kräften wieder 
herzustellen versuchten, ihn 
wenigstens wieder gangbar 
machten. Krankenträger 
. brachten inmühevollerTäti^- 
Aufn. K. Person, München. 
Ubendstimmung an der Vogesenfront.
	        
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