Volltext: 17. Heft 1914/15 (17. Heft 1914/15)

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dar. Dann scholl über das deutsche Meer hinaus aus 
hundert Kehlen das Flaggenlied, dem der Gesang 
„Deutschland, Deutschland über alles" folgte. 
In gleicher Weise hat das Torpedoboot „V 187" 
bis zum letzten Augenblick gegen eine Übermacht ge¬ 
kämpft, von britischen Torpedobootszerstörern und 
Unterseebooten mit einem Geschoßhagel überschüttet. 
Nach tapferer Gegenwehr wurde es von weiteren Ge¬ 
schossen manövrierunfähig gemacht, so daß ihm nichts 
anderes übrig blieb, als sich durch innere Sprengung 
selbst zu opfern, während die noch brauchbaren Geschütze 
bis zum letzten Augenblick bedient wurden. Im weiteren 
Verlauf des Gefechts wurden noch die beiden neuen 
kleinen Kreuzer „Köln" und „Mainz", die gleich der 
„Ariadne" herbeigeeilt waren und heftig nach Westen 
drängten, zum Sinken gebracht. Dabei kam der Führer 
der Vorposten, Konteradmiral Maas, samt einem großen 
Teil der Besatzung ums Leben. Der Rest geriet in eng¬ 
lische Gefangenschaft. Es war bedauerlich, daß infolge 
des unsichtigen Wetters Helgoland selbst, unser wichtiger 
Flottenstützpunkt, dessen Abtretung ans Deutsche Reich 
die Engländer aufs tiefste bedauern, diese Schöpfung 
unseres Kaisers, nicht in das Gefecht eingreifen konnte, 
um ihm eine andere Wendung zu geben. 
Aber auch die Engländer haben starke Verluste ge¬ 
habt. Selbst die Reutermeldung gab zu, daß „die eng¬ 
lischen Schiffe schwere Beschädigungen erlitten hätten". 
Was eine solche Meldung aus dieser Quelle bedeuten 
will, läßt sich leicht ermessen, hat doch England seine 
Schiffsverluste, wenn irgend möglich, beschönigt oder gar 
völlig verheimlicht. Auch hier ergab sich nach und nach, 
daß mehrere der feindlichen Schiffe Wiederherstellungs¬ 
arbeiten von langer zeitlicher Dauer unterzogen werden 
mußten und mithin für den weiteren Verlauf des Krieges 
fast gänzlich ausfielen. Vor allem aber hat sich die feind¬ 
liche Übermacht in aller Eile wieder zurückgezogen, 
ohne es zu wagen, einen Angriff auf Helgoland oder die 
deutsche Küste vorzunehmen. Es versteht sich danach von 
selbst, daß von keinem großen englischen Erfolge gesprochen 
werden kann, wie es die Zeitungen dieses Landes im Hin- 
blick aus ihre Verbündeten und ihre neutralen Staaten taten. 
Daß man in Wirklichkeit mit der eigenen Flotte in 
England durchaus nicht so zufrieden war, wie man sich 
nach außen hin den Anschein gab, beweist *der Wechsel im 
Postendes Ersten Seelords; demAdmiralPrinzvonBatten- 
berg folgte Admiral Sir John Fisher, der sich einige Jahre 
vorher wegen hohen Alters vom Dienst zurückgezogen 
hatte. Man brachte der Unzufriedenheit des eigenen 
Volkes dies Opfer um so lieber, als Prinz von Battenberg 
von deutschem Geblüt war. Aber auch dadurch erfuhr 
die Führung des Seekrieges keinen Wandel; nur die 
Schiffahrt der neutralen Staaten wurde in immer 
stärkerer Weise vergewaltigt, während sich die englische 
Flotte nach wie vor zurückhielt. Zwar hat Mister 
Churchill das große Wort gelassen ausgesprochen, daß sie 
die deutschen Kriegsschiffe wie die Bulldogge die Ratten 
in ihren Schlupfwinkeln aufsuchen werde. In Wahrheit 
aber war die Bulldogge froh, wenn die seetüchtigen 
Ratten nicht über sie herfielen. 
In das Gebiet der Verordnungen oder Redeschlach¬ 
ten, die nur den Neutralen schadeten oder die Luft nutzlos 
erschütterten, fielen ferner Admiral Fishers Bestimmungen 
über neue Minenzonen und Zwangskurse und Admiral 
Seymours Betrachtungen über die Gefahr, daß Deutsch¬ 
land seine Flotte behalten und am Ende des Krieges gar 
als Friedenstrumpf ausspielen könnte. 
Ganz anders klang die Antwort, die unser Reichs¬ 
kanzler dem Irländer Sir Roger Casement zuteil werden 
ließ, der über Deutschlands Gesinnungen gegen Irland 
bei einer deutschen Landung auf diesem Boden anfragte. 
Die Gesinnung des von England gewaltsam geknechteten 
Irland ist, neben der Abhängigkeit Großbritanniens von 
seinen Zufuhren zur See, ja stets seine Achillesferse 
gewesen, und schon Napoleon hat eine Landung in Ir¬ 
land erwogen. „Sollte im Verlaufe dieses Krieges", so 
lauteten Herrn von Bethmann-Hollwegs markige Worte, 
„das Waffenglück jemals deutsche Truppen an die Küste 
Irlands führen, wird die deutsche Armee als Streitkraft 
einer Regierung kommen, die von gutem Willen gegen 
ein Land und Volk beseelt ist, dem Deutschland eine 
nationale Wohlfahrt und Freiheit wünscht." Solche 
Worte, die unter den Irländern Nordamerikas auf be¬ 
sonders guten Boden fielen, hat England gleichfalls 
jahrhundertelang nicht vernommen. In ähnlicher 
Weise ließ der Leiter der größten deutschen und Welt¬ 
reederei auf die Lügennachricht englischer Zeitungen hin, 
daß er an den Sieg Deutschlands nicht glaube und dessen 
Vorgehen gegen England er bedaure, sofort sein Dementi 
folgen. Schon jetzt sei England seines Erachtens besiegt; 
denn ein England, das in einem solchen Kriege seine 
Flotte verstecke und sich nicht mehr aufs Meer hinaustraue, 
habe aufgehört, das alte England zu sein. Hatten sich 
doch die Verluste Großbritanniens zur See inzwischen 
schon beträchtlich vermehrt: 2 Linienschiffe, 5 Panzer¬ 
kreuzer, 5 geschützte Kreuzer, 3 Torpedoboote, 4 Unter¬ 
seeboote und viele Fahrzeuge waren verloren. Die Ver¬ 
luste an Offizieren überstiegen die Ziffer 300 erheblich, 
die der Mannschaften belief sich auf fast 7000. Es ist 
kennzeichnend, daß England seine Verluste schon nicht 
mehr einzugestehen wagte. So hat es den Untergang 
des „Audacious", der zu seinen neuesten und stärksten 
Linienschiffen gehörte und am 25. Oktober an der 
irischen Küste auf eine Mine lief, nicht zugegeben, ohne ihn 
der Öffentlichkeit verbergen zu können. Denn der aus 
Neuyork kommende Personendampfer „Olympic" hat 
Hunderte der Besatzung des „Audacious" an Bord ge¬ 
nommen, wobei man den Passagieren ausdrücklich ver¬ 
bot, bei der Landung in England über den Vorfall zu 
sprechen. Daß dieses Vertuschungssystem nicht gerade 
ein Zeichen von Zuversicht und Stärke ist, braucht kaum 
erwähnt zu werden. 
Inzwischen hatte unsere Armee in Belgien und 
Frankreich, wo sie bis in die Nähe von Paris vorgestoßen 
war, Sieg auf Sieg errungen. Noch aber befand sich 
Antwerpen, das Napoleon als die gegen England ge¬ 
richtete Pistole bezeichnet hat, in den Händen unserer 
verbündeten Feinde. Wie wichtig diese Festung und die 
Nordküste Belgiens für die Engländer ist, gaben sie selbst 
zu, als sie diesen Strich das Glacis Großbritanniens 
nannten. Deshalb war es aber auch für Deutschland von 
größter Bedeutung, ihnen ihren festen Stützpunkt zu 
entreißen. Dazu hat eine starke Marinedivision, be¬ 
stehend aus Matrosen-Artillerie, Marine-Infanterie und 
Abteilungen der Matrosendivisionen unter dem Befehl 
des Admirals von Schröder mit beigetragen. So ist der 
Fall von Antwerpen, das sich am 9. Oktober nach zwölf¬ 
tägiger Belagerung ergab, zugleich ein Ruhmesblatt in der 
Geschichte der deutschen Marine. Die Fabel des Fuchses 
und der sauren, ihm zu hoch hängenden Trauben be¬ 
währte sich aufs neue, als England nachträglich erklärte, 
der Besitz Antwerpens, zu dessen Verteidigung es seine 
eigenen Truppen entsandt hatte, sei völlig belanglos.
	        
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