Volltext: 17. Heft 1914/15 (17. Heft 1914/15)

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nichts mehr zu sehen als geringfügige Trümmerstücke und 
wenige Matrosen, die, zum Teil schwer verletzt, auf der 
Oberfläche schwammen. Die Offiziere des Schiffes mit 
800 Mann waren in die Tiefe gegangen. Man glaubte 
zunächst an den Angriff eines Unterseebootes, dann wurde 
von Losgerissenen deutschen oder englischen Minen ge¬ 
fabelt. Schließlich kam man aber auch in England zu der 
Annahme, die in Deutschland sofort gehegt wurde, daß 
eine Explosion des Pulvermagazins vorliege. Ob sich 
schlechtes Pulver ohne besondere äußere Ursache selbst 
entzündet oder seine Unterbringung nicht den neuesten 
Anforderungen entsprochen hat, oder ob, was das Wahr¬ 
scheinlichste ist, beide Umstände zusammengewirkt haben, 
läßt sich schwer entscheiden. Es sind ja derartige 
Fälle in der französischen, amerikanischen und auch eng¬ 
lischen Marine während der letzten Jahre vorgekommen. 
Da England seine Flotte vorsichtig zurückhielt, war 
auch Deutschland zu dem gleichen Schritte gezwungen, bis 
Themsemündung selbst zum Opfer gebracht. Hier aber 
handelte es sich um Kriegsschiffe, die aus ihren eisernen 
Schlünden heiße Grüße nach England hinübersandten 
und seinen Fahrzeugen nahe dem Mutterlande Schaden 
zufügten. Aber selbst damals ahnte England wohl noch 
nicht, durch welche kühnen Taten Deutschland den Nim¬ 
bus seiner Unnahbarkeit und Unberührbarkeit endgültig 
zerstören würde. Bei diesem Vorstoß in die südliche 
Nordsee „konnte ebenso wie bei der Erkundungsfahrt 
eines Luftschiffes bis zum Skagerrak erneut festgestellt 
werden, daß die deutsche Küste und ihre Gewässer frei 
von Feinden sind und die neutrale Schiffahrt unbehindert 
passieren kann." 
Es war wohl als eine Antwort auf diese Heraus¬ 
forderung aufzufassen, daß sich zehn Tage später, am 
28. August, die Engländer zum erstenmal in der deut¬ 
schen Bucht der Nordsee zeigten, unsichtiges Wetter be¬ 
nutzend, um unsere Streitkräfte zu überfallen. Seit der 
Torpedoboot „V 18V", das in der Schlacht bei Helgoland ruhmvoll unterging. 
zu einem Augenblick, der des großen Einsatzes lohnte. 
Das schloß aber nicht die Unternehmungen einzelner 
Schiffe der Hochseeflotte aus, durch deren Vorgehen 
Deutschland wiederum einen Beweis seines tatkräftigen 
Angriffsgeistes gab und dem Gegner eine Richtschnur 
wies, an die er sich halten mußte, wollte er nicht gänzlich 
tatenlos und ohnmächtig erscheinen. So unternahmen 
die beiden kleinen Kreuzer „Straßburg" und „Stral¬ 
sund" am 18. August einen Vorstoß nach der südlichen 
Nordsee bis dicht an die englische Küste, wo sie zwei eng¬ 
lische Unterseeboote sichteten, von denen sie eins auf 
größere Entfernung mit wenigen Schüssen zum Sinken 
brachten. „Stralsund" kam in ein Feuergefecht mit 
mehrerenTorpedobootszerstörern auf größere Entfernung. 
Zwei Zerstörer erlitten Beschädigungen. Da es sich hierbei 
um mehr als 10 Kilometer gehandelt haben dürfte, 
so legt dieses Gefecht von der Treffsicherheit unserer 
Marine ein glänzendes Zeugnis ab. Ebenso darf man 
den moralischen Erfolg dieses Vorstoßes durchaus nicht 
unterschätzen. 
Es war wohl seit Jahrhunderten das erste Mal, 
daß feindliche Fahrzeuge England an der eigenen Küste 
eine Schlappe zufügten. Das Hilfsminenschiff „Königin 
Luise" hatte sich durch seine kühne Minenstreuung in der 
Kriegserklärung waren 3y2 Wochen, seit der englischen 
Mobilmachungsübung 5 Wochen vergangen, ehe sie sich 
zu diesem Schritt entschlossen. Ihre Flottenabteilung be¬ 
stand aus einer Anzahl moderner Kreuzer, von denen zwei 
wohl der Lion-Klasse angehörten, und aus zwei Zer¬ 
störerflottillen von etwa 40 Zerstörern. Die großen Schiffe 
hielten sich zurück, während die kleineren vorgeschickt 
wurden, um sich mit den deutschen Fahrzeugen 
in ein Gefecht einzulassen und sie dann dem Feuer 
der großen Kreuzer auszusetzen. 
Dabei kam es zu sehr heftigen Einzelgefechten, die 
den Geist und den Opfermut unserer Marine in dem herr¬ 
lichsten Lichte zeigen. „Ariadne", die den Kanonendonner 
von der Vorpostenlinie her vernommen hatte und eilig 
zur Hilfe herbeigeeilt war, erhielt einen Treffer im 
vorderen Heizraum, der die Kessel außer Betrieb setzte. 
Nach halbstündigem Kampfe brannte das Achterschiff, 
ohne daß aber das deutsche Geschützfeuer verstummte. 
Bald hatte das Feuer auch das Vorschiff ergriffen, dessen 
Munitionsraum unter Wasser gesetzt werden mußte, um 
eine Explosion zu vermeiden. 
Das Schicksal des Schiffes war besiegelt; da versammelte 
sich die Mannschaft auf dem Oberdeck und brachte ihrem 
obersten Kriegsherrn zum Abschied ein dreifaches „Hurra"
	        
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