Volltext: 171. Heft 1914/18 (171. Heft 1914/18)

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Phot. f. il t. Kriegspressequarrter, SB.cn. 
Von österreichisch-ungarischen Truppen erbentete schwimmende Torpedolaueierrohrträger, 
die die Italiener im Hafen von Grado zwischen Balken mit herabhängenden Stahldraht' 
netzen gebaut hatten, um von hier die sich nähernden Schiffe zu beschießen. £ic Laneier- 
rohre haben die Italiener vor der Flucht versenkt. 
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Dauernd tutet der Fernsprecher, denn es spricht 
sich rasch herum, wenn eine Kompagnie einen „Film" 
vorhat, wie es in der Soldatensprache heißt. Ich hatte 
zu beruhigen nach allen Seiten: „Nein, hier ist nichts 
los, wie bitte? Unternehmung? Nein, hier ist nichts 
bekannt!" War doch der Erfolg mehr als zweifelhast, 
und nichts ist peinlicher, als wettn ein „Film", von dem 
andere wissen, mißglückt. Schadenfreude ist immer noch 
die reinste Freude. 
Die Unruhe läßt mich nicht sitzen, so nehme ich meinen 
Revolver und gehe, gefolgt vom treuen Burschen, den 
Spuren folgend, der Patrouille nach. Etwa in der 
Mitte des Geländes treffe ich das Häufchen Tollkühner, 
die wirklich auf den zwei Stangen, keuchend und langsam 
vorwärtsschwankend, den zerbrochenen Riesenvogel daher- 
schleppen. Da — das Geräusch einer Rakete — alles 
liegt mit angehaltenem Atem in den Furchen des einstigen 
Kartoffelackers, eins französische Leuchtkugel schwebt, 
gespenstische Lichtstreifen werfend, leise im Winde 
schaukelnd, minutenlang hoch über uns; einige Maschinen- 
gewehrgeschosse pfeifen durch die Luft und schlagen 
klatschend irgendwo ein. Gottlob, wir werden nicht 
entdeckt. 
Kaum ist das Licht verschwunden, geht's auf, und 
wieder an die Arbeit. Matt vom Schleppen des'sicher 
6 Zentner schweren Motors und durch zusammen- 
gebissene Zähne keuchend, kommen wir endlich an das 
eigene Verhau, von unsren Horchposten froh empfangen. 
Wie leuchten die Augen der Leute. Nun ist die Arbeit 
bald geschehen. Der Apparat zerlegt, die wichtigen Telle 
zum Gefechtsstand 
des Bataillons ge- 
schafft, — nur der 
Propeller bleibt 
zurück und ziert 
nun den Eingang zu 
einem Unterstand, 
eine Erinnerung an 
kühnes Wagen und 
rasche Tat. 
Wie eine Bombe 
schlug die Nachricht 
vom Erfolg der 
gewagten Unter- 
nehmung bei allen 
Dienststellen ein, 
kam sie doch gänz- 
lich unerwartet,uns 
aber brachte sie zehn 
Eiserne Kreuze. 
Nicht oft sind 
solcheUnterbrechun- 
gen im meist gleich- 
förmig verlaufen- 
den Stellungseiner- 
lei. In diesem glück- 
lichen und ruhigen 
Abschnitt ist die Ge- 
fechtsberührung mit 
dem Gegner selten. 
Deswegen ist es 
auch der Abschnitt 
für Truppen, die 
monatelang in här¬ 
testem Kampf sich 
eine vorübergehende 
Verlegung hierher als Belohnung für treuestes Aus- 
harren in schweren und schwersten Gefechten verdient 
haben. Auch hinter uns liegt eine furchtbare Zeit, die 
die Leute hier bald vergessen haben werden; wenn 
es auch hier sicher nicht gefahrlos ist, hier kann und 
darf man sich noch der Sonne und seines Lebens 
erfreuen. Hier kehrt in Re todesblassen Wangen die 
Farbe zurück, die gebeugte Haltung wird wieder straff 
und der nie ganz versiegende Quell des Humors nimmt 
von Tag zu Tag an Fülle und Ergiebigkeit zu. Ernste 
Arbeit gibt es natürlich auch hier genug, und sollte der 
Franzmann Gelüste zu einem Vorstoß bekommen, so 
wird er auch hier, wie die letzten Tastversuche im Ober- 
elsaß zur Genüge beweisen, jedenMann auf feinem Posten 
finden, entschlossen, eher zu sterben als dem Feinde 
seinen Graben zu überlassen. Mag der Franzmann nur 
kommen, er wird auch hier auf Granit beißen. 
Winter in Livland. 
Einmal in Flandern, dann in Polen, in Litauen, und 
nun in Livland Kriegs-Weihnachten. Diesmal ohne 
Kneg. Denn es ist ja Waffenstillstand. Täglich er- 
scheinen einige Zivilisten, sie sind meist in Riga oder 
Kurland angesessen und bitten um Durchlaß. Mit ver 
bundenen Augen werden sie zu der höheren Dienststelle 
gebracht. Sonst liegt vor uns eine weite, stille Zone, die 
keines Menschen Fuß betritt. Ungestört treiben sich 
Hasen und Rebhühner in den verlassenen Gärten herum 
und freuen sich über die stehengebliebenen Kohlstrünke 
und die meist in 
aller Eile nur un- 
vollkommen abge- 
erntetenFelder. 1917 
war ein schlechtes 
Erntejahx für das 
frühere Westruß- 
land, das Korn sehr 
dürftig und niedrig. 
Oft lohnte sich kaum 
das Mähen. Nun 
hat der Winter seine 
wärmende Flocken- 
decke über die Natur 
gebreitet. Die nahe 
Ostsee und der breite 
Dünastrom entsen- 
den dichte Nebel. 
BeidemhartenFrost 
schlagen sie sich an 
den Bäumen als 
Rauhreif nieder. Bei 
uns staunt man dies 
herrliche Gebilde 
an. Hier wird man 
durch den täglichen 
Anblick etwas ab- 
gestumpft, und doch 
freuen wir uns 
immer wieder von 
neuem über die 
winterliche Pracht. 
DerRauhreif wächst 
von Tag zu Tag, die 
Aste werden zu wei- 
ßenLampenputzern, 
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