Gegenangriffe glücklich abgewiesen worden waren, nahm
der Krieg auch in diesem Abschnitt die Formen an, die
sich in dem Stellungskrieg auf der Ostfront herausge¬
bildet hatten. Kleinere Vorstöße von Erkundungsab¬
teilungen wurden bald hier bald dort von beiden Seiten
unternommen, aber der strenge Frost dieses ungewöhnlich
harten und andauernden Winters setzte diesen Unter¬
nehmungen gewisse Grenzen, da die Strapazen, die den
Truppen auferlegt werden mußten, in zu großem Mi߬
verhältnis standen zu dem Zweck, der im günstigsten Falle
dabei erreicht werden konnte. Die Russen hätten viel¬
leicht, wie die bisherigen Erfahrungen lehrten, ein solches
des Flusses. Nun wandten die Russen ein Mittel an,
das sie an der Rigaer Front noch nicht gebraucht hatten;
sie versuchten nämlich, den Widerstand der deutschen
Front durch einen Gasangriff zu brechen. Am 26. Januar
bliesen sie an der Straße Riga—Mitau zwei Gaswolken
-ab. Aber unsre Horchposten erkannten die Ursache des
lauten Zischens, das von den Russen herkam, und sorgten
lür Gasalarm. Es konnten rechtzeitig alle Vorbereitungen
getroffen werden. Die erste Gaswolke war so dicht, daß
selbst abgeschossene Leuchtkugeln nichts wahrgenommen
werden konnten. Ihr folgte noch eine dünnere Wolke,
und gleichzeitig setzte die feindliche Artillerie mit Trom-
Hofphot. Kühlewindt, Königsberg i. Pr.
Blick auf das Aatal bei Mitau.
Mißverhältnis zwischen Zweck und Mittel nicht gescheut,
wenn sie die Mittel wenigstens einigermaßen zur Ber-
sügung gehabt hätten. Aber sie waren zur Zeit einmal
wieder so erschöpft und auf dem Trockenen mit allen
ihren Hilfsmitteln, daß sie auch den großen Zweck vor-
länsig nicht verfolgen konnten. Und schon herrschte
Gärung und Gewitterstimmung im Innern Rußlands;
die tiefer eingeweihten Führer des Heeres sahen Ereig¬
nisse kommen, die ihnen wohl die Lust nehmen konnten,
sich in unberechenbare Dinge einzulassen. Wir können
aber eins mit Stolz feststellen: Während die russischen
Unternehmungen, die im Lauf des Januar und Februar
den einförmigen Stellungskrieg zu beleben suchten, sich
keiner Erfolge rühmen konnten, fondern an der Wachfam-
keit und unerschütterlichen Zuverlässigkeit unsrer Truppen
scheiterten, legten die frisch und schneidig ausgeführten
und stets mit irgendeinem bemerkenswertem Erfolg ge¬
krönten Vorstöße unsrer Truppen dafür Zeugnis ab, daß
keine äußern Schwierigkeiten oder klimatische Unbilden
sie in ihrer glänzenden Leistungsfähigkeit, ihrer unwider--
melseuer ein und überschüttete unsre Stellungen in
wenigen Minuten mit 2000 Gasgranaten. Aber die
Wirkung, die der Gegner erhosst hatte, blieb aus. Mit
ruhigern, wohlgezieltem Feuer wurde schon den ersten
feindlichen Jagdkommandos Halt geboten, und so wagte
der Feind nicht, den Angriff fortzufetzen. Er hatte nicht
mit unfern ausgezeichneten Schutzmitteln gerechnet.
Während dem Gegner diese Unternehmung blutige Ver¬
luste brachte, hatten wir nicht einen Vergiftungsfall zu
verzeichnen. Nachdem auch am 27. neue russische An¬
griffe gescheitert waren, trat ein Stillstand in diesen
Kämpfen ein. Auch Kälte und Schneetreiben trugen
das ihrige dazu bei. Unsre Truppen ließen es sich jedoch
trotzdem nicht nehmen, am 30. Januar ihren Ersolg von
der vorhergehenden Woche zu vervollständigen. Wieder
stürmten sie eine russische Waldstellung auf dem Ostufer
der Aa und behaupteten sie gegen heftige Gegenangriffe.
14 Offiziere und über 900 Mann wurden gefangen,
15 Maschinengewehre erbeutet. Nachdem sodann die
unter diesen Umständen selbstverständlichen russischen